Rede zum städtischen Haushalt 2019

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

eigentlich sieht er ja passabel aus, der Schwabacher Haushaltsentwurf für 2019. Wir befinden uns in Deutschland im Jahr 8 des permanenten Aufschwunges, die Gewerbe- und Einkommenssteuern sprudeln unentwegt, fast vergessen scheint die Zeit der Haushaltskonsolidierung 2012 bis 2014 mit ihren massiven Einsparungen. Ein "Aber" möchte man nicht wirklich wahrnehmen.

Das Aber liegt indes, wenn man es genau betrachtet, in einer Fülle an Risiken, die jeweils für sich gesehen nicht dramatisch wirken, aber deren Summe einen für die Welt- und Binnenkonjunktur schon ein bisschen mulmig werden lässt. Drei Aspekte: Da ist das isolationistische "America first" von DT, z.B. mit den akut drohenden Automobilzöllen, was unserer SC‘er Zuliefer- und Peripherie-industrie nicht gut tun wird, zumal wenn wir in den hergebrachten Kategorien der fossil strukturierten KFZ-Industrie denken. Da ist China, blasenhaft aufgebläht, und da ist der Europäische Binnenraum, insgesamt fragil, teils heftig überschuldet, von völlig unterschiedlichen Leistungsbilanzstrukturen geprägt, und vom Brexit beeinträchtigt. Die Ausgangslage für gesicherte und dauerhafte Prosperität würde man sich anders wünschen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sicher: Schwarzmalerei ist derzeit nicht angesagt. Doch die Abhängigkeit und damit Anfälligkeit unseres Haushaltes insb. bei der sehr reagiblen Gewerbe- und tendenziell auch Einkommenssteuer von einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands ist absolut gegeben und signifikant. Die Fachleute erwarten zwar keinen wirklichen Abbruch der Konjunktur, aber es wird unkommoder in 2019, das klingt aus den derzeit bekannten Einschätzungen deutlich durch.

Was heißt das für uns, den Stadtrat der Stadt Schwabach?

Zum einen ist im Haushaltsansatz 2019 die traditionell konservative Einnahme-Prospektion und eine realistische ausgabenerhöhende Entwicklung, hier v.a. im Personalbereich (was angesichts der insgesamt ausgedünnten Personaldecke für das Aufrechthalten der Leistungsfähigkeit der Verwaltung sehr wichtig ist) sicherlich sinnvoll und va begründbarer als in den Vorjahren.
Zum zweiten sollten wir bemüht sein, die Einnahmepositionen möglichst dauerhaft zu stabilisieren, hier wieder v.a. Gewerbe- und auch Einkommenssteuer – das Thema Grundsteuer sollten wir nach Klärung der politischen Rahmenbedingungen auf kommunaler Ebene neu diskutieren. Was heißt das in der Konsequenz, also Stadtentwicklung aus diesen beiden steuerpolitischen Aspekten?

  • Schwabach besticht durch eine vielfältige Unternehmenslandschaft, das Gewerbesteueraufkommen ist breit aufgestellt. Wir müssen jedoch verstärkt für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Schwabach Raum und Möglichkeit für Entwicklung und Wachstum schaffen. Es reicht NICHT aus, ein paar Filet- Gewerbegrundstücke im Südwesten vorzuhalten, wenn auf der anderen Seite Schwabacher KMU‘s Gefahr laufen, uns zu verlassen, weil sie sich hier nicht entwickeln können. Eine proaktive, kreative, einfallsreiche Unternehmensbegleitung seitens der Stadt ist mehr denn je geboten. Wir hatten z.B. mehrfach die Notwendigkeit eines Handwerkerparks o.ä. angesprochen, zudem es wäre auch sinnvoll, nicht nur für größere Mittelständler Fläche vorzuhalten, sondern die kleinen ebenso zu fördern, ohne gleich massiv Gewerbegebiete auszuweisen. Dieses Fördern der Kleinen liegt uns Grünen mindestens genauso am Herzen wie der Fokus auf die größeren KMUs in SC.
  • Die Einwohnerpolitik Schwabachs als attraktiver Stadt sollte sich, bei allen wünschenswerten Effekten in der Einkommenssteuer bei wachsenden Einwohnerzahlen, u.E. jedoch nicht am größtmöglichen Zuwachs orientieren, sondern an dem, was verkraftbar ist. Schwabach ist eine gewachsene Stadt, wir sehen keine großen Einwohnersprünge. Wir brauchen eine Politik, die mit Augenmaß sowohl für die finanziell Schwächeren erschwinglichen und guten Wohnraum ermöglicht, als auch finanzstärkeren Bewohnern Möglichkeit zum passenden Siedeln in Schwabach bietet. So ist es nicht gut, wenn Teile der jüngeren Generationen Schwabach mangels Wohnraum verlassen müssen und ins Umland umsiedeln. Daher ist z.B. das geplante Wohngebiet "An der Autobahn" aus unserer Sicht von großer Bedeutung, einen passenden Mix herzustellen und dies ökologisch bestmöglich zu gestalten, z.B. durch eine intelligente ÖNV Anbindung und durch ein Fernwärmenetz.


Um mit dem Thema Zukunftsfähigkeit der Schwabacher Wirtschaft und Arbeitsplätze anzuknüpfen, es wäre herausragend, wenn eines der sieben von der Staatsregierung für Bayern beschlossenen digitalen Gründerzentren in Schwabach etabliert werden könnte. Dies würde für SC einen erheblichen Impuls in Richtung Entwicklung der Arbeitswelt geben, und wir stellen uns zudem vor, dass sich SC einen kleinen Campus, einen Ableger aus Nürnberg, für dieses Thema sichern sollte: Uns führt die Vorstellung, dass sich in Schwabach und Umgebung zum Thema Digitalisierung um das Schwung / dGZ und einen neuen Campus Cluster von Start-ups und Anwenderfirmen etablieren und prosperierend nach außen in die Stadt und Region wirken. Digitalisierung, nicht nur in Arbeit und Wirtschaft, sondern auch in Schulen und Verwaltung, ist ein wesentliches Zukunftsthema, das wir für Schwabach ergreifen sollten. Unser Antrag liegt dem OB vor.

Aber Stadtentwicklung ist bei weitem nicht nur Sicherung der monetären und wirtschaftlichen Grundlagen Schwabachs. Wenn wir eine Vorstellung für Schwabach für die nächsten vielleicht 15, 20 Jahre entwickeln wollen, dann sehen wir eine Vielzahl von Themengebieten, in denen teils dringender, aber auch konkurrierender Handlungsbedarf besteht und deren Umsetzung sich dann eines Tages im Haushalt wiederfinden wird.

EIN Mega-Zukunftsthema für die Stadtentwicklung ist der Klimaschutz. Uns allen ist der trockene, heiße Sommer als Auswirkung der Klimaveränderung gut in Erinnerung. Das ist auch aus Sicht mittlerweile vieler Menschen, nicht nur weniger Hardcore-Grüner, DAS grundlegende Zukunftsthema. Es ist ein globales Thema, das zu lokalem Handeln zwingt. Und es wirft die Frage auf, welche Wechselwirkungen zwischen Ökonomie, also z.B. unserem städtischem Haushalt, und der Ökologie, also dem Bewahren der Schöpfung, sich ergeben werden. Diese sind komplex und vielseitig, wie gesagt wohl auch konkurrierend. Welchen Stellenwert Klimaschutz in Schwabach derzeit jedoch hat, sieht man übrigens sehr gut beim Umgang mit der temporären Nicht-Besetzung der nur halben Stelle und der engen Aufgabenbeschreibung fürs Klimamanagement.

Lassen Sie uns die Betrachtung beim Thema Mobilität ansetzen. Es ist völlig klar, dass der CO2- und sonstige emissionsgetriebene MIV eine der maßgeblichen Quellen für die Erderwärmung ist. Was ist in SC notwendig, um zu einer notwendigen Reduzierung der Emissionen im Individualverkehr zu kommen? Setzen wir zunächst beim Ziel- und Quell- sowie Pendlerverkehr in SC an. Wir stellen uns vor, dass SC eine Stadt ist, in der ein nennenswerter Teil des lokalen und regionalen MIVs immer mehr über ÖNV und Fahrräder abläuft als über emittierende KFZ. Und die Frage nach einem Verkehrsinfarkt, das sei am Rande erwähnt, den wir wochentags schon ansatzweise in der Südlichen Ringstraße bemerken, wird nicht mit der Diskussion über die Antriebsart des Autos der Zukunft beantwortet, sondern vielmehr mit der Quantität der KFZ auf der Straße. Was tun wir schon heute in SC dafür? Wenig! Das muss man konstatieren. Wir haben, das Thema Radverkehr sei herausgegriffen, jetzt eine vor kurzem eingestellte Fachkraft für die Umsetzung des Radwegekonzeptes. Im Haushalt 2019 sind dafür keine frischen Gelder vorgesehen, allerdings kann die Person über die HH-Ausgabereste der Vorjahre verfügen, so weit so gut: Inwieweit dies aber reicht, das Radwegenetz Schwabachs zügig nach vorne zu bringen, das sehen wir skeptisch. Jedenfalls kam die Förderung des Radverkehrs in den letzten Jahren fast vollständig zum Erliegen, wir zehren noch von der in den 90er Jahren vorbildlichen Ausstattung mit Radseitenstreifen, unechten Einbahnstraßen, Querung der Fußgängerzone etc. Wir stellen seit langem eine nur minimale Bewegung bei der Radwegeentwicklung fest, eine zunehmende Priorisierung des ruhenden MIV (die sich mittelfristig umdrehen sollte), fehlende Abstellanlagen in der Altstadt, Radmarkierungen werden nicht erneuert sowie Radwege nur unzureichend geräumt etc. Wir fordern eine konsequente und zügige Umsetzung und Weiterentwicklung des Fahrradkonzeptes.

Beim ÖNV, kurz angesprochen, stellen wir uns an Samstagen eine möglichst ganzjährige kostenlose Benutzung von Bussen vor, wenn wir gleichzeitig schon den KfZ am Samstag längeres kostenloses Parken in der Altstadt erlauben. Aschaffenburg macht es vor, was man hört auch Fürth bewegt sich. Auch ist perspektivisch zu überprüfen, den Fuhrpark der Stadt und der Stadtwerke wie Müllfahrzeuge und Busse umzustellen, weg vom Diesel, hin zu emissionsfreiem Antrieb. Und die Idee des Carsharings wäre erneut aufzugreifen und voranzubringen.

Schwabach war einmal (SRB 24.9.1992) Öko-Modellstadt. Wie sieht die Situation heute aus? Dies wieder anzugehen wäre ein wichtiges Zukunftsthema, und in diesem Zuge könnte man auch gleich anfangen, mit der wohlklingenden Bezeichnung "Fair-Trade-Stadt" z.B. bei der kommunalen Beschaffung wirklich Ernst zu machen. Eine Fülle an Themen wäre hierbei zu behandeln, so die Frage des Flächenverbrauches bei Siedlungsdruck, Nachverdichtung contra Stadtklima (Wertigkeit von Grün), Landschaftsschutz und Artenvielfalt, Landwirtschaft, dezentrale Wärme- und Stromversorgung, Abfallvermeidung und und und…

Wenn wir den Bogen zum vorliegenden Haushaltsentwurf wieder ausbilden, dann fällt Licht und Schatten ins Auge: Wir investieren weiterhin kräftig in Kindergärten und Bildungseinrichtungen, es gibt städtische Maßnahmen zur Schaffung von v.a. sozialem Wohnungsbau – der Gewo-Bau sei bei dieser Gelegenheit ausdrücklich gedankt für die enormen Leistungen bei Wohnungsbau und Denkmalschutz –, dann Dank Zustimmung von Ihnen allen kann auf unseren Antrag hin in 2019 die freie Kulturpflege mit 30T€ unterstützt werden, der Sport in Schwabach wird deutlich gefördert, die Arbeitsbedingungen für Hebammen werden verbessert, wir können die Feuerwehr und das Baubetriebsamt weiterhin gut ausstatten, leisten an die Stadtbäder GmbH einen Baukostenzuschuss von 1 Mio € fürs neue Hallenbad und wünschen uns dabei zügige Umsetzung des Neubaus. Und wir leisten uns sinnvollerweise auch einen Kümmerer für die Innenstadt und wünschen uns und hoffen auf gute Erfolge. Wesentliche Kennzahlen stimmen derzeit, und unsere freien Rücklagen liegen spürbar über den nicht zweckgebundenen Krediten. Ansonsten verzichten wir heuer auf die Wiederholung der vielfältigen Zahlen des Herrn Kämmerers und eine detaillierte Würdigung des komplexen Zahlenwerkes, auch des hervorragenden Haushaltsvorberichtes.

Merkliche Schatten sehen wir, neben einigem anderem, zB im Bereich Schul-IT: Wir wissen alle seit Jahren, letztes Jahr wurde das Thema von fast allen Fraktionen auch aufgegriffen, dass die einge-stellten T€ 300 p.a. zu wenig sind. Es wäre jetzt sehr wichtig, dass endlich der Investitionsstau, für den immer noch eine Größenordnung von revolvierend 2M€ herumschwirrt, im Fachamt sauber validiert wird und wir als Stadt dann die erforderlichen Mittel auf Sicht auch zur Verfügung stellen. Schul-IT und Digitalisierung, das sind zwei Schlüsselthemen für den Schulstandort Schwabach der Zukunft. Insofern stellt sich auch die Frage, ob Schwabach perspektivisch nicht Schul-IT-Hausmeister bräuchte.

Ein zweites: Der Gebäudeunterhalt im Sinne des Substanzerhalts städtischer Gebäude ist, obwohl in Millionengröße vorgesehen, aus unserer Sicht ebenfalls nicht ausreichend, wenngleich wir wissen, dass das Fachamt ressourcenseitig voll ausgelastet ist. Wir wünschen uns zumindest, dass der in 2016 bereits zweimal aktive und dann eingeschlafene Arbeitskreis wieder auflebt und sich mit Weitblick des Themas annimmt.

Vieles wäre anzuregen, zwei kleine Themen konkret: Ein kleiner aber wichtiger Baustein wäre es, die Willkommenskultur für Neubürger zu erweitern durch die Aktualisierung der Begrüßungsmappe, Einladung zu Stadtführungen, Sprechstunden, Einbürgerungsfeier etc., kostet nicht viel, bringt aber viel. Und über Digitalisierung und 5G zu diskutieren ist gut und schön, wenn allerdings Teile der (Alt-) Stadt nicht mal mit Glasfaserkabeln ausgestattet sind, klafft hier eine echte Lücke.

Letztlich, wie bereits letztes Jahr angemerkt, vermissen wir Grüne und auch etliche Menschen in Schwabach eine Art Aufbruch oder die Entwicklung einer Perspektive für Schwabach in 15 oder 20 Jahren. Also wie gehen wir die vielfältigen Zukunftsthemen, von denen einige angesprochen wurden, z.B. Finanzen, Wirtschaft und Arbeit, Wohnen, Einwohnerentwicklung und Infrastruktur, Digitalisierung, Klimaschutz und Ökologie, auch das Stadtbild wie Postplatz und Innenstadt vs Stadtteile, Stadtkultur, Landwirtschaft etc., und die damit verbundenen konkurrierenden Ziele an, wobei diese Ziele auch erst einmal besprochen und vereinbart werden müssten. Wir Stadträte insgesamt sollten hierbei durchaus mutig diese Fragen ansprechen und Bewegung in diese Richtung bringen und einfordern. Und wir wünschen uns auch eine verstärkte Einbeziehung und Motivierung der Bürgerschaft bei der Entwicklung dieser Themenfelder, so war z.B. der Impuls der Bürgerschaft beim alten DG einmalig. Bei der Gelegenheit sei sehr positiv herausgehoben, dass die Bewohner Schwabachs fast vorbildlich eine das Wohl der Stadt tragende, demokratische Gemeinsinnkultur leben und hegen sowie bereit und kompetent scheinen, diese Themen mit zu entwickeln, auch wenn Partikularinteressen wohl mitschwingen werden.

Schließlich stimmt unsere Fraktion in der heuer etwas leiseren Hoffnung auf einen guten Nachtrag 2019 dem Beschlussvorschlag zu, verbunden mit dem Dank an die Verwaltung, die Haushaltsvorberatungen sehr gut vorbereitet zu haben und in den jeweiligen Fachausschüssen vorberaten zu lassen. Unser Dank geht neben den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen speziell an die Herren Spahic, Strauß und Aepfelbach und alle städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Erstellung des Haushaltes befasst waren.

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