Haushaltsrede 2017


Haushalt 2017

Stellungnahme Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Eckhard Göll, Haushaltssprecher

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

auch der vorliegende Haushaltsentwurf für 2017 wie schon der Nachtragsansatz 2016 wird von unserer Fraktion als tendenziell solide bezeichnet. Zwar schneiden Ergebnis- und Finanzhaushaltsplan mit einem überschaubaren siebenstelligen Minus ab, zudem mit der Unsicherheit, dass die Bezirksumlage erst in wenigen Tagen beschlossen werden wird und sich das Defizit des Krankenhauses in neue Dimensionen bewegt. Gleichwohl sehen wir die Situation deswegen heuer als eher positiv an, da zum einen unsere Haushaltspläne grundsätzlich konservativ angesetzt sind und die gesamtwirtschaftliche Prognose für 2017 trotz Risiken im Euroraum Einnahmespielräume nach oben erwarten lässt.

Zum zweiten zeigten die Vorjahre insofern generell den Trend, dass sich die Jahresabschlüsse zum Teil dann deutlich positiver darstellen. Signifikant war das in 2014 und 2015 so, und auch in 2016 werden wir voraussichtlich den schon sehr erfreulichen Nachtrag noch einmal verbessern. Und drittens liegt im Bereich der Investitionen traditionell ein enormer Puffer, der aufgrund von Verschiebungen oder Streichungen der einmal geplanten Investitionen sowie der guten staatlichen Förderkulisse positiv auf Verschuldung und Rücklagenbildung wirkt. Die Rücklagen und die Verschuldung liegen dies berücksichtigt in jeweils vertretbarer Höhe.

Wie letztes Jahr auch weisen wir allerdings auf die zunehmende Abhängigkeit der Haushaltsansätze von der in den letzten Jahren erfreulichen Entwicklung der Gewerbesteuer Schwabachs hin. Der städtische Haushalt profitiert einmal mehr in einem ganz erheblichen Maße von der gesamtwirtschaftlich stabilen Entwicklung in Deutschland, zudem auch von einer gewerbefreundlichen städtischen Politik, die unsere Fraktion mehrheitlich mitgetragen hat. Allerdings liegt Schwabach weiterhin - und das aus verschiedenen Gründen - nur in der unteren Hälfte der GWSt-Einnahmen pro Kopf kreisfreier Städte Bayerns. Auch wenn es Grünen grundsätzlich nicht leicht fällt, Flächenverbrauch Vorschub zu leisten und einen „Ansiedelungs-Kannibalismus“ unter Kommunen zu fördern – unser Ziel muss es dennoch sein Gewerbeansiedelungen in Schwabach zu unterstützen sowie für ansässige kleine wie große Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. U.E. sollte die flächensparende Ansiedlung von Gewerbebetrieben sowie die Ausschöpfung von Gewerbeflächenrecycling als sinnvolle Leitlinie in die Wirtschaftspolitik Schwabachs eingehen.

Das Haushaltskonsolidierungsziel, das Investitionsvolumen etwas zu reduzieren, mag bei diesem Haushaltsansatz 2017 vordergründig als erreicht ins Auge fallen, allerdings relativiert sich dies bei Berücksichtigung der im Nachtrag 2016 teilweise vorgezogenen Investitionen von rd. 7 M€. Es sind schon gewaltige Volumina, die in 2015, 2016 und 2017 in die Investition geflossen sind bzw. fließen, herausgestellt seien hier einmal die beträchtlichen Budgets für Krippen, Kindergärten und Schulen inkl. ADG, auch wenn sich die Verwaltung bei der Planung der Krippen- und Kindergartenplätze zunächst etwas vergaloppiert hat

Lassen Sie mich einige Themenfelder anreißen, die sich im Haushalt widerspiegeln:

1. Strategisches und operatives Schul- IT- Management

Nach wie vor gilt aus unserer Sicht: Für den Schulstandort Schwabach mit insgesamt 14 Schulen ist ein Schul- IT- Volumen - trotz einer erheblichen Steigerung in den letzten Jahren - von jetzt T€ 350 p.a. deutlich zu wenig, insb. angesichts eines von den Schulen selbst errechneten Investitionsstaus von mehr als 2,5 M€. Mit diesem Haushaltsansatz kann gerade mal die Funktionalität gewährleistet werden, mehr nicht, etwas pointiert: „Mangelverwaltung“. Bildungsinvestitionen und eine pädagogisch durchdachte Umsetzung sind mehr denn je Zukunftsherausforderungen, besonders wenn man berücksichtigt, welche Anstrengungen in anderen Ländern unternommen werden. Hierbei muss zielgerichtet eine Unterstützung bzw. Förderung durch Landes- und Bundesmittel angestrebt werden. Die Effekte einer „Bildungsregion Roth-Schwabach“ sind bisher sehr über-schaubar, ob mit der heute im ST zu lesenden wissenschaftlichen Begleitung mehr Schwung einzieht bleibt aus unserer Sicht abzuwarten.

Machen wir uns nichts vor, wenn wir Schulstadt bleiben wollen, dann müssen wir hier in den nächsten Jahren spürbar zulegen. Die pädagogischen Anforderungen an Schul-IT wachsen weiterhin deutlich, sind komplex, und die Halbwertszeit der angeschafften IT ist kurz. Gegenüber Referenzschulen in angrenzenden Kommunen fallen wir schon erheblich ab. Wir sehen nach intensiver und kritischer Abwägung aus heutiger Sicht eine Art Doppelstrategie:
1. Schwabach benötigt baldmöglichst dauerhaft eine höherqualifizierte Person in der Verwaltung, die in der Lage ist, den gesamten Schult-IT- Planungs-, Beschaffungs- und Distributionsprozess vereinfachend und koordinierend zu steuern, also mit IT- und pädagogischer Kompetenz ausgestattet.
2. stellen wir uns vor, dass bereits im Nachtrag 2017, sofern Spielraum vorhanden ist, ein erster signifikanter Betrag zur Abdeckung des Investstaus zur Verfügung gestellt wird. Dabei darf die Selbstverantwortung der sehr unterschiedlich aufgestellten Schulen keinesfalls ausgehe-belt werden, sondern diese soll unterstützt werden. Gleichermaßen wird der wertvolle IT- Steuerkreis der SC’er Schulen weiterhin einzubinden sein. Wir legen größten Wert auf effizienten Mitte-leinsatz. In einer weiteren teuren Beauftragung der KommBit, zumal ohne Mandat der Gremien, sehen wir derzeit keinen Weg zur Verbesserung der Schul-IT-Situation.

Wir wünschen uns, dass die Verwaltung und der Stadtrat dieses strategisch bedeutsame Thema entschlossen und einhellig angeht und hier nicht wie bisher kleckert, sondern sinnvoll, effizient „klotzt“. Warum sollte Schwabach nicht eine „Pilot-Stadt Schul-IT“ werden?


2. Strategisches und operatives Gebäudemanagement

An dieser Stelle sei der Verwaltung, namentlich dem Amt für Gebäudemanagement, herzlich gedankt: U.a. aufgrund eines Antrages der Grünen-Fraktion wurde ein sehr umfassendes, aussagekräftiges und komplexes Kompendium erstellt, mit dem die Fraktionen in einem ersten Round-table detailliert u.a. über den Bestand und Wert der städtischen Immobilien, deren Nutzungen, Instand-haltungskosten sowie den bewerteten Instandhaltungsstau in Kenntnis gesetzt wurden. Besonders imponiert die strategische Qualifizierung jedes einzelnen Bestandsobjektes.

Folgt man dem Ansatz der Verwaltung, dann besteht Stand heute ein Investstau von rd. 10,3 M€ für die städtischen Gebäude außerhalb des laufenden Unterhaltes sowie vor den großen Schulprojekten Realschule und WEG. Wir wollen diesen binnen der nächsten 10 Jahre abarbeiten, dabei sind wie bei Schul-IT zwei Ansätze erforderlich: Wir müssen alljährlich rund 1 M€ mehr sog. „gro-ßen“ Unterhaltsaufwand einstellen, um sinnvoll und wirtschaftlich agieren zu können – es ist bes-ser heute mit geringem Aufwand zu reparieren als in einigen Jahren umfangreich zu sanieren. Und zur Abarbeitung dieses Volumens benötigen wir mindestens eine weitere Fachkraft in der Fachab-teilung. Wir hoffen, dass der Nachtrag 2017 auch hierfür Spielraum hergibt, und freuen uns auf die weitere konstruktive Arbeit in dem „Round-table-Fraktionengremium“.


3. Kinderbetreuung, Jugendamt

Zum Thema Kinderbetreuung hat sich in 2016 einiges getan bzw. wurde wie erwähnt auf den Weg gebracht, wir nehmen hier viel Geld für „hardware“, sprich Gebäude, in die Hand. Allerdings nicht, weil die Stadt besonders zielgerichtet agierte, sondern weil uns die Sorge, dass Eltern ihren Rechtsanspruch einklagen könnten, hierbei trieb und treibt.

Richtig gut läuft derzeit die Kinder & Jugendarbeit in Forsthof. Aber auch hierbei ist Personal erforderlich.

Trotzdem Jugendhilfe eine nicht verhandelbare kommunale Pflichtaufgabe ist, ist wirtschaftlichen Sachverstand im Bereich der Jugendhilfe / Jugendamt zu fordern u.E. notwendig und geboten, und dieser ist durch den Einsatz des neugeschaffenen Controllers zu überprüfen und zu begleiten. Aber nichtsdestotrotz kann oder könnte intensivere Betreuung, wie sie z.B. von Schulleitern durch die Aufstockung der "Jugendsozialarbeit an Schulen" gefordert wird, präventiv die eine oder andere Jugendhilfemaßnahme erübrigen. Wir betonen: Mehr pädagogische Betreuung könnte in vielen Bereichen dazu führen, Konflikte bereits im Kleinen zu verhindern oder zu entschärfen und damit mögliche Folgekosten im Großen einzusparen.


4. Personal

Auch wenn wir für 2017 im Rahmen des personalwirtschaftlichen Stellenplanes doch einige Stellen neu geschaffen haben, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verwaltung in vielen Be-reichen eine ausgedünnte Personaldecke besitzt. Bekanntlich sind Springer teils bereits fest in die operative Tätigkeit eingebunden und eingeplant, was nicht deren Wesen entspricht. Mittelfristig sorgen wir uns zudem um den qualifizierten Nachwuchs für die Stadtverwaltung. Insgesamt gese-hen zeigt der Personalaufwand mit einer Quote von 29,8% (Basis Ergebnishaushalt) eine gut vertretbare Relation auf.


5. Kommunale Energiewende „von unten“

Beim Klimaschutz geht es in der Stadt Schwabach weiterhin zögerlich voran, auch wenn die neue Klimaschutzmanagerin unserer Beobachtung nach ordentliche Arbeit macht, die Zwieseltalschule energieeffizient saniert wird (Sanierungsvorhaben sind immer auch energetische Sanierungen) und die Stadtwerke im Kreuzweg BHKWs installieren. Dass vor kurzem ein Artikel im ST zu lesen war, wonach hocherfreute Herren OB Thürauf und SW-Chef Klinger ein energieeffizientes Pilotprojekt lobten, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir mit der Umsetzung unseres integrierten Klimaschutzkonzeptes aus dem Jahr 2013 noch einen gewaltigen Weg vor uns haben. So wurde z.B. damals für Schwabach (S. 18/19) ein Verhältnis fossiler zu regenerativer Energie (Kfz, Wärme und Strom) von 99:1 festgestellt. Wir brauchen angesichts der bedrohlichen Klimaveränderungen endlich einen neuen Ruck in Schwabach, verstanden als Chefsache, um die Bilanz noch in dieser Legislaturperiode spürbar zu verbessern. Absehbares Ziel sollte eine Relation von mindestens 90:10 sein. Auf kommunaler Ebene muss die regionale Energiewende, sprich die dezentrale Produktion von CO²-reduzierter, -neutraler oder gar -freier Energie, effektiv und schnell vorangebracht werden, wie dies von Josef Hasler, Vorsitzender der N-Ergie, am 28.10.2016 als „Gesamtgesellschaftlicher Beitrag zum Umbau der Energielandschaft“ formuliert wurde. U.E. sollten insofern gerade die Stadtwerke als unser strategischer Partner hier noch mehr als bisher aktiv eingespannt werden und mit anderen städtischen und privaten Protagonisten die Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzeptes vorantreiben. Was nützt ein nationaler oder städtischer Klimaschutzplan, wenn vor Ort manche Kommunalpolitiker die Klimaschutzziele nur als lästiges Beiwerk betrachten.


6. Kultur, Stadtjubiläum, Integration

Unser reiches Kulturleben in Schwabach, getragen von vielen privaten Initiativen und erheblichen freiwilligen Mitteln und Aufwand seitens der Stadt, stellt einen positiven Standortfaktor erster Güte und für viele Bewohner Schwabachs und der Umgebung echte Lebensqualität und Identifikation mit der Stadt dar. Wir stehen voll zu den städtischen kulturellen Einrichtungen und zu der moderaten Erhöhung des Kulturbudgets im Haushalt von jetzt knapp M€ 3,2. Mit allen Bewohnern unserer schönen Stadt freuen wir uns auf ein wunderbares friedliches Stadtjubiläum 2017 mit sehr vielen bunten, vielfältigen Veranstaltungen und danken den Bürgerinnen und Bürgern in Vereinen, Verbänden, Privatinitiativen und Unternehmen für ihr unglaublich reiches Engagement. Ein besonders Lob gilt den im Kulturbereich Tätigen in unserer Stadtverwaltung, sie leisten Außerordentliches.

Der Dank geht an die Schwabacherinnen und Schwabacher auch für ihre ausgesprochen solidarische Aufnahme und Integrationsleistung der hier lebenden Menschen ohne Heimat, die fast reibungslos verläuft. Obwohl die Schwabacher Bürgergesellschaft insgesamt gut zusammensteht, erfüllt uns allerdings mit zunehmender Sorge die wachsende Spreizung der Bevölkerung in Arm und Reich, das ansteigende Misstrauen in Institutionen, Medien und die politische Klasse allgemein sowie die zunehmende Vernetzung von multinationalen Konzernen mit der großen Politik im Besonderen. Wir lokal verantwortlichen Personen in Stadtrat, Parteien und Verbänden/Vereinen/Kirchen und jeder Einzelne sind mehr als früher aufgerufen, unsere Werte einer freiheitlich-demokratisch-pluralistischen Gesellschaft - ungeachtet des unterschiedlichen politischen Zungenschlags – lebendig zu vertreten und gegen zunehmende Extreme besonders von rechts aber auch von links hochzuhalten.

 

Schließlich stimmt unsere Fraktion in der Hoffnung auf einen guten Nachtrag 2017 dem Beschlussvorschlag zu, verbunden heuer mit dem Dank an die Verwaltung, die Haushaltsvorberatungen sehr gut vorbereitet zu haben und in den jeweiligen Fachausschüssen umfassend vorberaten zu lassen. Unser spezieller Dank geht an die Herren Spahic, Strauß und Aepfelbach und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Erstellung des Haushaltes befasst waren. 

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