EU und China - Partnerschaft mit Zukunft?


SCHWABACH – Großes Pech für die Schwabacher Grünen. Aufgrund einer Zugpanne hat es der Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer am Mittwoch Abend nicht nach Schwabach zu einer Podiumsdiskussion geschafft. "EU und China – Partnerschaft mit Zukunft?". So lautete das Thema, zu dem dann nur noch zwei Experten Stellung bezogen.

Yan Xu-Lackner ist Direktorin des Erlanger Konfuzius-Instituts. Bill Holler berät als Beiratsmitglied im OstWest-Wirtschaftsforum chinesische und europäische Unternehmen bei der Zusammenarbeit. Beide vertraten stark den chinesischen Blickwinkel. Es mangelte an echter europäischer Expertise zum Thema Kooperation mit dem roten Riesen aus dem Osten, die Bütikofer mitgebracht hätte. Immerhin ist er im EU-Parlament stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China.

Holler und Xu-Lackner betonten insbesondere die historische Situation Chinas, das 1800 Jahre ein Großmacht gewesen, aber ab Mitte des 19. Jahrhunderts vom Westen ausgebeutet, gedemütigt und überrollt worden sei. "Deshalb muss die EU mit China auf Augenhöhe verhandeln und mit einer Stimme sprechen", erklärte Xu-Lackner. Außerdem, so die Leiterin des Erlanger-Instituts, komme das 1,4 Milliarden-Volk aus großer Armut. "Der Kommunismus ist dem Pragmatismus gewichen, das hat die Entwicklung in einigen Gebieten Chinas vorangetrieben", so Xu-Lackner, die seit 29 Jahren in Deutschland lebt und sich als Vertreterin beider Kulturen sah. In China hat sie unter anderem Germanistik studiert. "Zu dieser Zeit gab es ausschließlich Busse, heute legt ein Hochgeschwindigkeitszug 1300 Kilometer zwischen Hanschu und Peking in viereinhalb Stunden zurück", beschrieb sie die Technologie in ihrer ersten Heimat. "China hat in 40 Jahren geschafft, wozu Europa 300 Jahre gebraucht hat", erklärte die Direktorin und sah "eine gigantische Leistung darin, dass so viele Menschen aufgestiegen sind'". Noch in den 1980er Jahren hätten viele Chinesen gehungert und drei Generationen in einem Zimmer gewohnt.

Bill Holler sah in den großen Entwicklungsgebieten Chinas "das Silikon Valley schlechthin". Deshalb sollte die EU ihren Fokus in Richtung Osten lenken, um schnell eine partnerschaftliche und friedliche Zusammenarbeit zu erreichen. Auf keinen Fall dürfe man China von Europa aus als Gegner sehen. "China muss der Partner werden, sonst hat die EU kein Zukunft", war Holler überzeugt, der unter anderem für die Luft- und Raumfahrtindustrie arbeitet und insbesondere auf diesem Gebiet großes Potential sah. "Hier sollte die EU mit China und Russland eine Kooperation aufbauen, um eine Zukunft des Wachstums und des Friedens zu gestalten", so Holler. Yan Xu-Lackner hielt es außerdem für wichtig, dass sich die Menschen begegnen und der Austausch zwischen China und der EU vorangetrieben wird.

Dazu sollte in Deutschland mehr Chinesisch gelehrt werden. "In China lernen sehr viele Menschen Deutsch", erklärte sie, kritisierte aber die Strategie des Goethe-Instituts. "Dort erfährt man sofort was über Mülltrennung statt die große literarische und philosophische Tradition Deutschlands in den Mittelpunkt zu stellen." Xu-Lackners Erfahrungen zufolge schwärme man in China regelrecht von Deutschland. "Welch große Nation", heiße es häufig. Demgegenüber gebe es in Mittelfranken lediglich drei Gymnasien, an denen man Chinesisch lernen könne. Das Schwabacher Adam-Kraft-Gymnasium ist eines davon.

Welche Dimensionen China ausmachen, das konnte Grünen-Kreisvorsitzender Bernhard Spachmüller aus eigener Erfahrung von einer Reise in die Region Shenzhen schildern. Dort sei innerhalb von 30 Jahren aus einem Fischerdorf eine Millionenstadt mit beeindruckender Architektur und moderner Infrastruktur geworden. In der Region um das Perlflussdelta westlich Hongkongs leben laut Spachmüller in einem Gebiet mit der Größe Mittelfrankens 67 Millionen Menschen und es existiere eine U-Bahn, die 65 Kilometer in zwei Stunden zurücklege.

Auch in Sachen Menschenrechte und Demokratie fehlte auf dem Podium eine versierter Fachmann. Sowohl Xu-Lackner als auch Holler übten hier keinerlei Kritik, sondern beschwichtigten oder wiegelten sogar ab. So nannte Holler die in China verfolgten Uiguren "teilweise islamistisch und integrationsunwillig". Seiner Darstellung zufolge gibt es in China aber durchaus Religionsfreiheit. "Die Zahl der Christen ist seit den 1960er Jahren von 700 000 auf 120 Millionen gewachsen", rechnete er vor. Zwar räumte er ein, dass China die Überwachung sehr weit getrieben habe. Andererseits erklärte er, er sehe kein besseres System für die Bevölkerungsgröße dort. Auch Xu-Lackner war "skeptisch, ob 1,4 Milliarden Mensch verwaltungstechnisch auf andere Weise unter einen Hut zu bringen sind."


Bill Holler, Moderator Bernhard Spachmüller und Dr. Yan Xu-Lackner.

Text und Foto: © Robert Schmitt | SCHWABACHER TAGBLATT

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