Wackersdorf und die Folgen


Nur wenige Plätze im Scala-Filmtheater blieben unbesetzt, als Schwabachs Grüne zu einer Vorführung des Polit-Dramas „Wackersdorf“ einluden.

Im Mittelpunkt des Films stand die Person des Hans Schuierer, der sich vom dankbaren Landrat, der mit der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) eine Nuklearfabrik mit 3000 „sauberen“ Arbeitsplätzen von der bayerischen Staatsregierung erhalten sollte, zu einem zentralen Atomkraftgegner wandelte. Zur Ausbootung des Landrats wurde sogar ein Gesetz geändert, was Schuierer veranlasste, öffentlich von einer „bayerischen Demokratur“ zu sprechen.

Nach der Filmvorführung konnten die Landtagsabgeordnete Sabine Weigand und Kreisvorstand Bernhard Spachmüller mit zwei Zeitzeugen sprechen.

Margarete Bause wurde 1986 unter dem Eindruck der Wackersdorf-Proteste und des Tschernobyl-GAUs für die Grünen in den Landtag gewählt. Sie war Bestandteil der ersten Grünen Landtagsfraktion in Bayern. „Die Stimmung damals war vergiftet. Man hat versucht, uns auszugrenzen und uns auf allen Ebenen auszubremsen. Wir galten als Vertreter von gewaltbereiten Chaoten, Terroristen und weltfremden Spinnern.“ Besonders gut habe sie die erste Plenarsitzung in Erinnerung, nachdem die Vertreter der Atomindustrie den Verzicht auf die WAA in Wackersdorf verkündet haben. Im Film wurde dem Vertreter der Staatsregierung die Worte in den Mund gelegt, „diesen Krieg werde er gewinnen“. Gemeint war die Durchsetzung der WAA gegen alle Widerstände. Diese Haltung haben auch die Abgeordneten der Regierungspartei verinnerlicht und wurden durch den Verzicht der Industrie im Regen stehen gelassen, während die Grünen in Feierlaune waren.

Helmut Wilhelm war ein weniger prominenter, doch keineswegs weniger interessanter Gast. Der 72-jährige Richter a.D. wurde 1986 an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof berufen. Es ist üblich, dass eine bestimmte Anzahl der Richter von den Fraktionen berufen werden konnten. Den Grünen stand dabei die Benennung eines Richters zu. Dieses Recht wurde nicht in Frage gestellt, doch Wilhelm war schnell Ziel von politisch motivierten Disziplinarverfahren, die zwar alle im Sande verliefen, aber Zeit und Nerven kosteten. Humorvoll schilderte er die für ihn als WAA-Gegner der ersten Stunde paradoxe Situation, eingesetzt zu werden bei Demonstrationen, um mögliche Straftäter in Schnellverfahren vor Ort abzuurteilen. Beispielsweise galt es als Widerstand gegen die Staatsgewalt, wenn Demonstranten, die von Sicherheitskräften weg getragen werden sollten, „sich besonders schwer machten“, wie immer man sich das vorzustellen habe.

Beide Gesprächspartner würdigten, dass derzeit in der Gesellschaft wieder mehr Interesse an politischen Prozessen spürbar ist. Proteste gegen das Polizeiaufgabengesetz oder gegen rechte Hetze haben im letzten Jahr Zehntausende auf die Straßen gelockt, um ihren Unmut kundzutun. Demonstrationen für den Erhalt des Hambacher Forstes oder die Schülerstreiks für Maßnahmen gegen den Klimawandel seien begrüßenswerte Schritte, die die Politik zum Handeln zwingen. Ziviler Ungehorsam, so Wilhelm, darf dabei sehr weit gehen, solange er gewaltfrei bleibt.

Zum Abschluss warnte Wilhelm, dass das Thema Atomkraft noch nicht abgeschlossen sei. Zwar ist das Ende der Energieerzeugung gesetzlich festgelegt, aber die Endlagersuche läuft weiterhin mit ungewissem Ausgang.






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