Das PAG - alles doch nicht so schlimm?


Das geänderte Polizeiaufgabengesetz war vor Kurzem in aller Munde. Nachdem 40.000 Demonstranten und Kritiker, darunter Datenschützer, Kirchen wie Journalistenverbände offen ihre Bedenken äußerten und dafür als Opfer der Lügenpresse und als Extremisten bezeichnet wurden, sahen die Schwabacher Grünen dringenden Bedarf für eine sachliche Auseinandersetzung. Weit über 60 Teilnehmer hörten den Ausführungen von Prof. Dr. Markus Krajewski, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Erlangen, dem leitenden Kriminaldirektor Dr. Holger Plank und Christine Krieg, Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied der Schwabacher Grünen zu und diskutierten. Moderiert wurde das Gespräch von Dr. Sabine Weigand, Landtagskandidatin der Grünen im Wahlkreis Nürnberg-Süd und Stadtratsmitglied.

In sachlicher und unaufgeregter Weise wurde die Funktion des PAG als Grundlage für das präventive Handeln der Polizei in Bayern beleuchtet. Dabei wurde insbesondere von Prof. Krajewski sehr bezweifelt, dass es einer neuen Gefahrenkategorie wie der drohenden Gefahr überhaupt bedarf, die im Gesetz so unbestimmt formuliert ist, dass die korrekte Anwendung durch den tätigen Polizisten erheblich erschwert ist. Die „relative Unbestimmtheit“ dieser seit August 2017 in das PAG eingeführten Gefahrenschwelle bestätigte im Ergebnis auch Dr. Plank, der derzeit selbst mit der Ausarbeitung von Umsetzungshinweisen für die mittelfränkische Polizei beschäftigt ist. Der Vertreter der Polizei widersprach der These nicht, wonach die Polizei auch mit den bisherigen Regelungen schon effizient arbeiten konnte, fügte aber hinzu, dass die Ausweitung der Befugnisse im neuen PAG in der polizeilichen Praxis der Gefahrenabwehr - nicht nur bei der Abwehr des Terrorismus - einige Schutzlücken schließen hilft.

Die Berufung auf Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht, die seitens der Staatsregierung als Begründung für die Änderungen herangezogen wurde, kann nicht überzeugen, da sich das BVerfG mit einer speziellen Maßnahme im Zusammenhang mit der Abwehr internationaler Terroristen durch das BKA zu beschäftigen hatte, was nicht auf die Präventivarbeit der Bayerischen Polizei übertragen werden kann. Lediglich die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung kann die Änderung des Gesetzes im Hinblick auf Datenschutzvorschriften begründen.

Viele Diskutanten sahen in der Ausweitung zahlreicher Befugnisse eine Gefährdung ihrer Freiheit, die durchaus Angst vor Repressalien macht. Das grundsätzliche Misstrauen des Staates gegen seine Bürger, das derartige Eingriffsmöglichkeiten kreiert, führt zu Misstrauen gegenüber dem Staat. Prof. Krajewski machte deutlich, dass es darum geht, wieviel Freiheit wir wollen, weil Sicherheit immer auf Kosten der Freiheit geht, wobei es keine absolute Sicherheit vor jeglicher Gefahr geben kann.

Es wurde auch das Problem des möglichen Missbrauchs der erweiterten Befugnisse gesehen, falls es zu anderen, möglicherweise rechtslastigen politischen Konstellationen kommen sollte. Bester Schutz zur Erhaltung der Freiheit und Vermeidung des Missbrauchs ist nach einhelliger Meinung des Podiums der wachsame Bürger, der sich wehrt und Kritik offen äußert.

Prof. Krajewski hat mit einer Reihe Studenten gegen die erste Novelle des PAG vom August 2017 Popularklage erhoben, da er die Verfassungswidrigkeit einiger Vorschriften des Gesetzes begründen kann. Die Fraktion der Grünen im Landtag hatte sowohl gegen die Erste Novelle vom August 2017 wie gegen die zweite Novelle vom Mai 2018 gestimmt und jeweils Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhoben. Auch Dr. Plank erwartet sich vom Urteil des Verfassungsgerichts notwendige Klarstellungen, die den ausführenden Polizeibeamten mehr Handlungs- und Rechtssicherheit geben.

Zudem ist der Bürger berufen, aufmerksam und kritisch zu sein und sich gegen vermeintliches Unrecht mit den Mitteln des Rechtsstaates zu wehren. Die schärfste Waffe ist seine Stimme bei der Landtagswahl im September.

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