Hilfe vor Ort: Der Verein Orienthelfer e.V.

 

SCHWABACH – Der Orient brennt. In Syrien, Afghanistan, Irak und Libyen toben Bürgerkriege, die Fluchtursache für hunderttausende Menschen sind. Begriffe wie "Schutz der Außengrenzen"", "Lawine", "Obergrenze", "menschenwürdige Versorgung" und "Abschiebung" prägen die deutschen Nachrichten ebenso wie die Talkshows und einen Teil der politischen Diskussion. Dem wollen die Schwabacher Grünen einen anderen Blick gegenüberstellen. In einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe beleuchten sie die Situation in den Ländern und spüren dem Alltagsrassismus in Bayern nach. "Kriege im Orient: Weit weg oder doch ganz nah?", haben die Schwabacher Grünen sie genannt.

Zum Auftakt war Andreas Starek zu Gast im evangelischen Haus. Der gelernte Koch und Profimusiker steht seit drei Jahren als Mitglied des Vereins "Orienthelfer" an der Seite des Kabarettisten Christian Springer. Er hat die Organisation 2012 gegründet, um dort unbürokratisch und schnell zu helfen, wo Not herrscht. Starek war erst jüngst in den Flüchtlingslagern des Libanon unterwegs. Von dort berichtete er mit eindrucksvollen Bildern über die Projekte des Vereins.

Der Libanon hat mittlerweile vier Millionen Menschen aufgenommen. 2,8 Millionen davon stammen aus Syrien. Würde man diese Zahlen auf hiesige Verhältnisse hochrechnen, erklärte Starek, sei das so als würde Deutschland 40 Millionen Flüchtlinge aufnehmen. "Das Land ist so groß wie Niederbayern und muss nun eine humanitäre Tragödie bewältigen", sagte Starek. Anfangs kamen mitunter      10 000 Flüchtlinge pro Tag. "Es gab keine Hilfen und keine Lager." Horrorgeschichten seien die Folge gewesen. Den Vereinten Nationen fehle das Geld für eine menschenwürdige Versorgung. "2,3 Milliarden Dollar wären nötig pro Jahr, es sind aber nur 900 Millionen in den UN-Kassen." Insbesondere in den Bergen sei es im Sommer brütend heißt und im Winter bitterkalt. "In den Zelten dort herrschen ganz schwierige Bedingungen", so Starek.

Die Orienthelfer haben in den Lagern mittlerweile eine Handvoll Feldküchen installiert. Männer und Frauen sind ausgebildet worden, damit aus regionalen Grundstoffen "sehr viele Essen in sehr kurzer Zeit" zu produzieren. Vor allem für Kinder werden medizinische Versorgung, Prothesen und Krücken finanziert. "Es gibt sehr, sehr viele Kinder, die infolge von Bomben- oder Granatenangriffen behindert sind", sagte Starek. Er erzählt von einem Geschwisterpaar. "Das Mädchen hat ein Bein verloren, ihr Bruder ist bei einem Bombenangriff gehörlos geworden."

Der Verein finanziert Container, in denen Schulen eingerichtet werden und erfreut die Kids dort mit Kuscheltieren. Um das Leben in den Lagern besser zu gestalten, bezahlt er Wohncontainer, die bei einer Rückkehr nach Syrien mitgenommen werden können. "Denn dort ist ja alles kaputt." Die Orienthelfer bauen und betreiben außerdem Frauenhäuser für Witwen, unterstützen ein Krankenhaus bei Tripolis und sorgen für bessere öffentliche Sicherheit in den Lagern. In Bayern ausrangierte Feuerwehrautos, Sanitätsfahrzeuge und Müllwagen bringt der Verein in die Gemeinden, in denen Flüchtlingslager errichtet wurden. Ein bayerischer Feuerwehrexperte bildet Libanesen und Syrer zu technisch versierten Katastrophenschützern aus. "Feuerwehr Gauting" ist auf deren Schutzanzügen zu lesen.

Andreas Starek vergisst nicht, einen Appell im evangelischen Haus zu hinterlassen. "Wenn sie Feuerwehrautos oder Krankenfahrzeuge haben, immer her damit", sagte er. Geldspenden seien auch hochwillkommen. Eine Freisinger Schule hat kürzlich einen Spendenlauf veranstaltet. Ergebnis: Über 8000 Euro sind an die Orienthelfer überwiesen worden. Starek will nun eine Partnerschaft mit einer Lagerschule forcieren. "Das Geld geht zu 99 Prozent in die betroffene Länder", versichert Starek. Er und Springer brächten es selbst dorthin. "Unsere Arbeit wird noch lange nicht zu Ende sein", beantwortet er eine entsprechende Fragen, "denn selbst wenn morgen der Krieg vorbei wäre: seine Zerstörungen bleiben." In Schwabach verhallten die Worte nicht ungehört. Die Besucher des Abends spendeten spontan 1080 Euro.

Zuvor hatte Grünen-Kreisvorsitzender Bernhard Spachmüller einen Einblick in die jüngste syrische Geschichte gegeben, die religiöse und ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung beschrieben und die geographischen Besonderheiten der Region erläutert. Machthaber Assad sei 2000 Nachfolger seines Vaters geworden. Seit einem Staatsstreich 1963 regiert die Baath-Partei das Land. Dabei existieren Gemeindienste ähnlich der Stasi und es werden Kritiker mundtot gemacht. Wirtschaftlich aber gab es in Syrien schon immer große Freiheiten. Unternehmertum und freier Handel auch mit dem Ausland standen hoch im Kurs. Ganz normal ist nach Darstellung Spachmüllers aber auch schon immer Korruption im Großen wie im Kleinen.

Seit Frühjahr 2011 entwickelte sich aus Demonstrationen gegen die syrische Regierung der Bürgerkrieg, der bislang mehr als 220 000 Todesopfer gefordert hat. Mehr als vier Millionen Syrer sind aus dem Land geflohen, neun Millionen weitere sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Der Bürgerkrieg führte zu einer De-facto-Teilung des Landes. Die Terrororganisation Islamischer Staat kontrollierte im Mai 2015 über die Hälfte des syrischen Staatsgebiets, in dem allerdings kaum 15 Prozent der Bevölkerung leben. Die Hauptstadt Damaskus, elf der 13 Provinzhauptstädte und die dicht besiedelten Gebiete im Westen des Landes, in dem die Mehrheit der Bevölkerung lebt, stehen weiterhin unter der Kontrolle syrischer Regierungstruppen. Die restlichen Gebiete werden von Rebellengruppen wie der "Freien Syrischen Armee", der "Islamischen Front", Kurdischen Milizen und dem al-Quaida-Ableger "Al-Nusra-Front" kontrolliert.

Die Veranstaltungsreihe der Grünen geht weiter am  15. Januar. Im Evangelischen Haus wird die geborene Kurdin Vaniessa Rashid aus München einen Reisebericht aus Kurdistan geben. Am 23. Februar wird die Grüne Landtagsabgeordnete Katharina Schulze in der Synagoge Ursachen und Entwicklungen zum Rassismus in Bayern darstellen.

© Text/Fotos: Robert Schmitt/SCHWABACHER TAGBLATT

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