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SCHWABACH - Diese Nachricht von Klaus Seitzinger kam einem Paukenschlag gleich. „Wenn das Krankenhaus nicht bald vier Hebammen findet, dann ist am 1. Januar Schluss mit Geburten in Schwabach“, erklärte der kaufmännische Krankenhausleiter während einer Podiumsdiskussion der Grünen.
Laut Seitzinger sucht das Klinikum bereits seit längerem nach freien Hebammen, die Geburten am Schwabacher Krankenhaus betreuen. Ohne Erfolg. Jüngst haben Seitzinger und seine Mitarbeiter ein von Aufsichtsrat und Stadtrat unterstütztes Konzept ausgearbeitet, mit dem das Krankenhaus die extrem belastende Haftpflichtversicherung der freien Hebammen wenigstens zum Teil übernimmt. Dennoch konnte noch keine der vier Stellen besetzt werden.
Die außergewöhnlich steigenden Haftpflichtbeiträge machen es für freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe immer schwieriger, ein gedeihliches Einkommen zu erwirtschaften. 2003 lagen sie bei etwa 500 Euro pro Jahr. 2015 werden sie sich mit 6000 Euro mehr als verzehnfacht haben. Ein Ende der Prämiensteigerungen ist damit aller Voraussicht nach noch nicht erreicht.
Die Grünen im Bundestag haben deshalb bereits ein eigenes Konzept zur Eindämmung eingebracht, dessen Hauptpunkt eine Verbreiterung der Solidarität ist. „Es soll eine Berufshaftpflichtversicherung für Gesundheitsberufe geben“, erklärte Elisabeth Scharfenberg. Ferner denke man über eine Regressbegrenzung und einen Haftungsfonds nach.
Waltraud Gebhard-Koch, Claudia Harzbecker und Caroline André repräsentierten auf dem Podium drei verschiedene Formen freiberuflicher Hebammenarbeit. Gebhard-Koch betreut in erster Linie Hausgeburten. Harzbecker ist mit eigener Praxis in der Vor- und Nachsorge tätig. Sie hat bereits vor acht Jahren aufgehört, für Krankenhausgeburten bereit zu stehen. André hingegen arbeitet in Rufbereitschaft für das Klinikum.
Alle drei sahen die freie Wahl des Geburtsortes als bedroht an, wenn freie Hebammen ihre Arbeit einstellen. Als Hauptproblem am Krankenhaus in Schwabach nannte André die geringe Zahl von Geburten.
Gegenwärtig kommen keine 300 Babys pro Jahr in Schwabach zur Welt. „Wer viel arbeitet, kann auch davon leben, aber dann führt der Hebammenberuf zur Selbstausbeutung“, sagte André und verwies auf Nürnberg. In den dortigen Kliniken gebe es sehr viel mehr Geburten. Laut Karin Holluba-Rau sind die Hebammen zumindest in den großen Kliniken Nürnbergs in der Regel angestellt. Geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten sowie eine sichere Altersversorgung seien die Folge. Auch die Haftpflichtversicherung werde vom Arbeitgeber übernommen, so Holluba-Rau. Für Claudia Harzbecker waren die Arbeitsregelungen als freie Hebamme exakt der Grund, die Beschäftigung am Schwabacher Krankenhaus aufzugeben. „30 bis 40 Geburten pro Jahr und Hebamme sind nicht kompatibel mit Familienleben“, erklärte sie.
Als einen Ausweg aus der Krise nannte Harzbecker höhere Vergütungssätze durch die Kassen. Die Bedürfnisse und Situationen von Frauen und Familien haben sich verändert, sie brauchen heute mehr Zuwendung und Unterstützung. „Ein Hausbesuch darf 25 Minuten dauern, da legen wir 20 Minuten unentgeltlich drauf“, schilderte Harzbecker die Situation.
Waltraud Gebhard-Koch betreut pro Jahr etwa 30 Hausgeburten. „Davon kann ich nicht leben.“ Sie gebe deshalb Kurse und arbeite in der Vor- und Nachsorge. Durch die steigenden Versicherungsprämien ist ihr kleiner Gewinn akut bedroht. „Weniger darf es nicht werden“, sagte sie. Ebenso wie Claudia Harzbecker plädierte sie dafür, die vielfältigen Leistungen von Hebammen für Frauen deutlicher aufzuzeigen.
Karin Holluba-Rau erklärte, sie sehe es als ihre Aufgabe an, das Thema als die ganze Gesellschaft betreffend in die Bevölkerung zu tragen. Die Vielschichtigkeit des Berufs und die damit verbundenen Probleme würden nämlich oft nicht wahrgenommen, sagte das grüne Stadtratsmitglied. Sie mache sich große Sorgen um den Geburtsstandort Schwabach.
Ihrer Meinung nach brauchen Frauen für den natürlichen Vorgang einer Geburt die optimale Betreuung und eine intensive Zuwendung von gut ausgebildeten Hebammen mit großem Erfahrungsschatz. Medizintechnik allein reiche nicht aus. Eine familienfreundliche Stadt müsse eine freie Wahl des Geburtsorts möglich machen. „Schwabach braucht unbedingt den Geburtsstandort im Krankenhaus oder in einem Geburtshaus“, war Holluba-Rau überzeugt.
Text: ROBERT SCHMITT/Schwabacher Tagblatt – Fotos: Bernhard Spachmüller
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