Die Chance des Schrumpfens

Die Grünen Bayerns hatten vor kurzem zu einem Demographiekongress nach Bamberg eingeladen. Nachdem das Thema im Rahmen von Stadtentwicklung auch immer wieder für die Grünen vor Ort Thema ist, berichtetete Karin Holluba-Rau davon. Gemeinsam wurden dann  die Schwabacher Situation und mögliche Lösungsansätze diskutiert.

Jeder weiß es inzwischen: Die Bevökerung schrumpft, und das eigentlich schon seit 1970, denn seitdem sterben pro Jahr mehr Menschen als geboren werden. Ausgeglichen wird das Defizit durch Zuwanderung und durch höhere Lebenserwartung. Die Altersschere wächst weiter.

Auch in Schwabach ist dieser Trend feststellbar. Noch werden die Schwabacher nicht weniger, aber auch hier wird der Anteil der Älteren mehr. Deshalb ist das Schwabacher seniorenpoltische Gesamtkonzept ein Schritt in die notwendige Auseinandersetzung mit Zukunftsentwicklungen.

“Der demographische Wandel ist gleichzeitig schrumpfend und wachsend, das gilt für Räume und auch für Städte, auch für den Ballungsraum” so eine zweite wichtige These, die die Stadträtin Karin Holluba-Rau vom Kongress mitgebracht hatte. Im Zusammenhang mit Stadt- und Raumplanung muss diese Tatsache immer wieder neu betrachtet werden.

Weil im Grundgesetz die „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ verankert ist, wird die  Entwicklung der ländlichen Räume neu gedacht werden müssen. “Aus diesem Grund  wird  uns in Schwabach die Entwicklung im hintersten Oberfranken oder Oberpfalz interssieren müssen. Eine egoistische Sicht, die nur die eigene Stadtentwicklung im Auge hat, wird langfristig nicht tragbar sein, weil die Abhängigkeit von Stadt und Land mit immensen Subventionen aus den Ballungsräumen bezahlt werden muss” so die Überzeugung  von  Holluba-Rau.

Die wichtigste These, die aus Bamberg nachhallte und intensiv diskutiert wurde, lautete: “Vielen in Politik und Wirtschaft macht das „Weniger“ Angst, weil Wachstum immer einherging mit mehr materiellen Wohlstand. Im Schrumpfen liegt aber auch eine große Chance, die man rechtzeitig erkennen und definieren sollte. „Der demographische Wandel ist nicht aufzuhalten, nur abzumildern und anzupassen. Die Schrumpfung will klug organisiert sein.“

Welche Bereiche durch die demographische Entwicklung zukünftig berührt würden, war in der Diskussionsrunde der Schwabacher Grünen die zentrale Frage. Denn zunächst denkt man bei dem Stichwort Demographie an Altenvorsorge und Wohnen im Alter, an Krankenversorgenung, Pensionen  und Renten.

Das Thema Bevölkerungsentwicklung im Zeichen von Integration war bei den Grünen schon immer aktuell. Jetzt endlich wächst das allgemeine Bewusstsein für diese dringende Eingliederung der zugewanderten MitbürgerInnen. “Auch in Schwabach wurde  das rechtzeitig erkannt, deshalb werden kostenlose Sprachkurse, insbesondere für Kinder,  über den Integrationsbeirat und der VHS geboten” so der Fraktionsvorsitzende Klaus Neunhoeffer.

Auch der Bedarf an Arbeitsplätzen wird sich stark verändern, wenn man bedenkt, dass ab 2020 Arbeitskräfte im großen Stil fehlen werden. Für Frauen wird dann die Teilhabe am Arbeitsleben selbstverständlich sein. Vielmehr werden sich Familien- und Lebensgestaltung zwischen den Geschlechtern mit demografisch orientierten Arbeitszeiten neu entwickeln müssen. Dabei wird Bildung und Qualifizierung, vor allem von Frauen, eine besonders wichtige Rolle spielen müssen. “Vorher aber wird definiert werden müssen, welche Bildung die Grünen wollen. Diese muss sich an Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit orientieren, nicht am wirtschaftlichem Maß” so Heidi Gerber-Kilian vom Grünen Vorstand.

Demographie wird auch, mehr als wir uns überhaupt vorstellen können, die Mobilität, die Energieversorgung, die Landschaftsgestaltung, die Landwirtschaft, das Einkaufen, den Handel beeinflussen, nicht nur den Schul- und Kindergartenausbau.

Zu befürchten ist, dass es mit der weiteren Überalterung der Gesellschaft zu einer zunehmenden sozialen Entmischung kommt. Im Speckgürtel der Großstädte wird es mehr reiche Singles und gut situierte Familien geben. Zurück am Land bleiben die Alten, die weniger Mobilen, die weniger Gebildeten, und die mit den geringeren Einkommen. Verteilungskämfe sind vorprogrammiert.

Und bei Stadtentwicklung und Stadtplanung wird die demographische Entwicklung nicht nur bei Neuplanungen eine Rolle spielen, sondern auch bei der Altbausanierung, bei der Auslastung und Kostenbeteiligung für Infrastruktur von Energie, Wasser, vor allem Abwasser, Straßenbau und ÖPNV. Die Frage wird bei schrumpfender Bevölkerung lauten: wieviel Kanal, wieviel Buslinien können wir uns noch leisten?

Die Stadt Bielefeld hat deshalb schon seit Jahren eine Demografiebeauftragte, die bei allen Stadtprozessen mit einer qualifizierten Stellungnahme gehört werden muss. Nur so lässt sich ein Bewußtsein entwickeln, dass Bevölkerungsstillstand und Schrumpfung  gestaltet werden müssen. Noch ist dies in die Zukunft gedacht, “aber der Ansatz ist in Schwabach gemacht mit dem seniorenpolitischem Gesamtkonzept. Eine Weiterentwicklung wäre aus Grüner Sicht wünschenswert” so das Resümee von Karin Holluba-Rau.

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