Rückblick mit selbstbewusster Selbstironie

Schwabacher Grüne feierten Doppeljubiläum: 30 Jahre Kreisverband, 25 Jahre Stadtratsfraktion

Grüne in Feierlaune (von links): Stadträtin Dr. Sabine Weigand, Bürgermeister Dr. Roland Oeser, Ex-Stadtrat Ralf Gabriel und Ehrengast Fritz Kuhn, der Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Zum Jubiläum waren am Samstagabend rund 200 Gäste ins Stadtmuseum gekommen, darunter Vertreter aller Stadtratsparteien. - © Foto: Schmitt

Das SCHWABACHER TAGBLATT berichtet ...

SCHWABACH - 1979 im Gasthof Porlein. Ein kleiner Kreis hat Großes vor. Eine neue Partei gründen - und die Welt verändern. Damals mit dabei: Ein 17-Jähriger Schüler namens Ralf Gabriel. Er wird später als Stadtrat über Jahre «das» Gesicht der Schwabacher Grünen. Samstagabend im Stadtmuseum: Gabriel beamt Fotos von damals an die Wand und erzählt, wie im Stadtrat aus belächelten Exoten respektierte Partner wurden. Und wie auch die Grünen gelernt haben, in den anderen Stadträten nicht nur Gegner zu sehen. Ein selbstbewusster Rückblick, gespickt mit Selbstironie.

«Man versteht, warum die so erfolgreich sind», findet Fritz Kuhn, der Vorsitzende der Grünen im Bundestag und Ehrengast. «Die eigentliche Stärke der Grünen ist ihre kommunalpolitische Verankerung.» Schwabach sei dafür ein eindrucksvolles Beispiel.

Seit ihrem ersten Einzug in den Stadtrat 1984 haben die Grünen nicht nur die Zahl ihrer Mandate von zwei auf sechs verdreifacht. Zum Vergleich: In Nürnberg sind es nur fünf. Sie stellen seit der jüngsten Kommunalwahl auch den Ersten Stellvertreter des Oberbürgermeisters und sind offensichtlich ein allseits geschätzter politischer Partner.

Grüner der ersten Stunde

Deutliches Indiz: Auch Vertreter aller anderen Parteien sind zur Feier von 30 Jahren Kreisverband und 25 Jahren Stadtratsfraktion gekommen. Die Zeiten, als zwei Welten aufeinander prallten, sind vorbei. Die Stimmung ist freundschaftlich gelöst.

Grüner der ersten Stunde, 18 Jahre Mitglied des Stadtrats und zwei Mal Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters: Ralf Gabriel. Er gehörte 1984 mit Rudi Schwab zu den ersten beiden Grünen im Stadtrat.

«Uns war der Fortschritt zu schnell», sagt Gabriel und erklärt den grünen Slogan aus der Kommunalwahl 1984 zu einer Art Grundsatzprogramm: «Deine Stimme der Natur.» Kampf gegen den Westring und die Sondermüllanlage, Einsatz für sinnvolle Abfallpolitik und den stärkeren Einfluss von Frauen, Antrag auf Umbenennung der Schlötzer- in Synagogengasse. Für Gabriel wichtige Erfolge der Grünen. Menschlich habe sich das anfangs angespannte Klima auch deshalb gebessert, weil manche alte CSU-Politiker zu dem jungen Wilden «so etwas wie ein väterliches Verhältnis» entwickelten.

Der Rückblick auf die Anfänge fällt launig aus. Vor allem, als Klaus Neunhoeffer, der Vorsitzende der Stadtratsfraktion, die Konkurrenz zu Wort kommen lässt und Ex-CSU-Fraktionschef Adolf Funk und Alt-OB Hartwig Reimann zu deren Erfahrungen mit den Grünen interviewt. «Naja», sagt Adolf Funk, zögert und lächelt, «am Anfang haben sie mit ihren Dauerreden genervt.» Heiterkeit im Saal, auch Ralf Gabriel, der vor allem gemeint war, klatscht amüsiert Beifall. Heute sieht Adolf Funk die Grünen anders: «Ich wünsche ihnen, dass sie ihr Gewicht behalten, denn die Vielfalt bekommt dem Stadtrat.»

Ganz persönlichen Respekt äußert Hartwig Reimann: «Ralf Gabriel hatte für sein Alter ein Ausmaß an Selbstbewusstsein und Frechheit, das mir im selben Alter gefehlt hat.» Von den Grünen habe er auch er viel gelernt.

Eine grüne Lektion für den Umgang mit der aktuellen Wirtschaftskrise hat Fritz Kuhn mitgebracht. «Wir brauchen eine ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft und unserer Lebensführung», sagt er und prophezeit: «Mit grünen Ideen lassen sich schwarze Zahlen schreiben.»

Und Wahlen gewinnen: Benedikt Bisping ist Bürgermeister Laufs und das erste grüne Stadtoberhaupt in Mittelfranken. Er habe den Wahlkampf gewonnen, weil er den Mut gehabt habe, die Bürger mit grünen Visionen zu konfrontieren, erklärt er.

«Schwarz-Grün funktioniert»

In Lauf regiert erstmals ein Grüner im Rathaus, in Schwabach ein CSU-Mann. OB Matthias Thürauf überreicht einen Kuchen mit grünem Guss zum Geburtstag. Auch seine Rede ist eine Mischung aus Anerkennung mit kleinen Seitenhieben. «Klar sagen wir manchmal: Mein Gott, die mit ihren Bäumen schon wieder.» Doch genau diese Hartnäckigkeit und Kompetenz haben auch ihn beeindruckt. «Grüne im Stadtrat waren immer besonders fleißig, engagiert und sachorientiert.» Thüraufs Konsequenz: Der CSU-Politiker setzte 2008 Dr. Roland Oeser als grünen Bürgermeister durch.

Für Bürgermeister Roland Oeser funktioniert «Schwarz-Grün» in Schwabach gut. Mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit spricht er wohl erstmals so offen von einer Koalition, obwohl es sie formal gar nicht gibt. «Schwabach ist bunt und tolerant und Grüne haben mitgeholfen, dass es so geworden ist.»

© Robert Schmitt, Günther Wilhelm / SCHWABACHER TAGBLATT

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