23.10.08: Informationsabend zur Finanzkrise

Zum Thema „Finanzkrise“ hatte Bündnis 90/Die Grünen zu einer Informationsveranstaltung im kleinen Kreis geladen, zu dem dann – was die Brisanz des Themas unterstreicht – Grüne aus gesamt Mittelfranken anwesend waren. Der Referent, Matthias Nester betonte, dass er sein Fachwissen aus seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse gerne zur Verfügung stellen wolle, aber hier und jetzt als Privatmann anwesend sei.

An den Anfang seiner Ausführungen stellt er, dass man in und nach der Finanzkrise erst wieder den realen Bezug zu Größenordnungen erlernen müsse. Die Summen mit denen jongliert werden musste seien unvorstellbar. Weltweit hätte die Politik aber hervorragend reagiert. Man sei haarscharf an einem globalen finanzwirtschaftlichen GAU vorbeigeschrammt, dessen Auswirkungen sich keiner auch nur annähernd vorstellen könne.

Zum veranschaulichen, stellt er zunächst die Funktion der Banken dar. Sie handelten mit drei Dingen: Informationen, Zahlungsmittelflüssen und Risiko. Die Zahlungsmittelflüsse, zwei gegenläufige Ströme aus Einnahmen und Ausgaben sahen so aus, dass Kredite ausgezahlt und im Ablauf von Jahren wieder zurückgezahlt wurden. Der Rückfluss lag also zeitlich um Jahre versetzt in der Zukunft. Um diesen Rückfluss zu beschleunigen, seien Kreditforderungen gebündelt und als Finanzprodukte verkauft worden. Damit waren die Investmentbanken in der Lage sofort wieder Kredite auszugeben, jedoch immer weniger daran interessiert, Kreditwürdigkeit zu prüfen, da ja auch das Risiko mit „verkauft“ wurde. Dieses Rad hat sich immer schneller gedreht. Und die neuen Banken konnten nun auch die Zinsen neu festsetzen, einer der Gründe, dass der kleine Häuslebauer dann die Raten nicht mehr schultern konnte und verkaufen musste, zu einem dann enorm gesunkenem Preis.

Aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums Anfang des Jahrtausends in den USA stiegen die Immobilienpreise zunächst immens. Im Vertrauen auf immer weiter steigende Preise habe man Immobilien zu 100 % finanziert, darüber hinaus noch ein neues Fahrzeug, die Einrichtung usw.

Nach und nach wurde dann bemerkt, dass viele dieser „verkauften“ Kredite hoch risikobehaftet waren. Vorher  habe man diese in Wertpapieren gebündelten Kredite von angesehenen Instituten bewerten lassen und risikoabhängig wieder zu verschiedenen Finanzprodukten gebündelt. Die AAA-bewerteten Papiere galten dabei  als sehr sicher, am Ende standen die stark risikobehafteten Produkte, die mit hohen Zinsversprechen  an spekulative Anleger  verkauft wurden.

Letztere wurden wieder und wieder nach Risikowahrscheinlichkeit umgeschichtet, wobei als beste unter den schlechten wieder AAA-Papiere herauskamen – unter den Blinden war dann sozusagen der Einäugige König. Auf diese Weise seien Forderungen bis zu 30 Mal „gehebelt“ worden.  Zunächst erfolgten Kreditvergaben auf durchaus solider Basis, gegen Ende wusste dann niemand mehr, welche Forderungen hinter welchem Paket standen  – Chaos und Vertrauensverlust pur.

Als problematisch schildert der Referent auch das in den USA zugelassene Bewertungsprinzip, das von Modellrechnungen ausgehen durfte, die sich dann fern jeder Realität als viel zu hoch entpuppten. Bei uns gelte das gute alte Prinzip der kaufmännischen Vorsicht, zu dem sich Matthias Nester wiederholt und ausdrücklich bekennt. Dies habe bei der Bilanzierung alle denkbaren Risiken zu berücksichtigen, d.h. Vermögen sei im Zweifelsfalle zum niedrigsten, Schulden zum höchsten anzunehmenden Wert in die Bilanz zu übernehmen.

Weiter führt Mattias Nester aus, dass US Investmentbanken nicht mit unseren Sparkassen oder Raiffeisenbanken zu vergleichen seien. US Banken verfügen über ein ganz geringes Eigenkapital, sie hätten auch keinerlei Spareinlagen, mit denen sie arbeiten könnten. Unsere Sparkassen einschl. der Raiffeisenbanken hätten einen klaren regionalen, bzw. öffentlichen Auftrag.  Die Spareinlagen dieser Banken seien durch die öffentlichen Hände abgesichert. Die vertraglich festgelegte Aufgabe der Sparkassen sei die regionale Versorgung der Kunden und der Wirtschaft mit Krediten. Grundsolide kaufmännische Vorsicht sei dabei oberstes Gebot. Der Sparer hierzulande müsse sich deshalb keine Sorgen machen.

Auch die Hausbank des Freistaats Bayern, die Bayerische Landesbank sei 1973 gegründet worden mit dem Auftrag, als Bank für den Mittelstand in Bayern zu agieren. Leider konnte man aber den Verlockungen hoher Renditen nicht standhalten. Man müsse aber auch den Umfang betrachten. Bei einer Bilanzsumme von 450 Milliarden betrage der Anteil an eingekauften „faulen“ Forderungen etwa 20 Milliarden, deren Bewertung aber sei derzeit schlichtweg unmöglich. Global betrachtet sei genau dieses Bewertungsproblem eine wesentliche Ursache der Krise, weil damit der Vertrauensverlust einher gehe. Keiner traut keinem mehr – deshalb sei die Reaktion der Politik hier wieder Sicherheit und damit Vertrauen zu schaffen so unbeschreiblich richtig und wichtig. Am Ende bringt Matthias Nester dann die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Krise eine heilsame Schockwirkung entfalte und man daraus gelernt habe, denn eine zweite Krise könne man sich nicht leisten.

Mit großem Beifall und einem herzlichen Dankeschön für den gelungenen und informativen Vortrag verabschieden die grünen Kreisvorstände Edith Faass und Bernhard Spachmüller den Referenten.

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