11.09.08: Renate Krilles - Kandidatengespräch mit der Nürnberger Zeitung

Am 28. September wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die NZ hat die Nürnberger Direktkandidaten an ihrem Lieblingsplatz im Stimmkreis getroffen und mit ihnen über Politisches, aber auch Privates gesprochen.
Heute: Renate Krilles, die für Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Nürnberg-Süd/Schwabach antritt.

Im Vorbeigehen betrachtet, verhält sich Renate Krilles ganz typisch. Sie sitzt auf dem Mäuerchen neben einem Baum und schwärmt von den Vorzügen der Windenergie und den Ökostromrebellen im Schwarzwald. So muss eine Grüne vor der Wahl auftreten.

Auf den zweiten Blick ist die Szene von einer rührenden Bescheidenheit. Die Alte Linde in Schwabach ist kein Vorzeige-Grünpunkt. Der 250-jährige Baumriese an der vielbefahrenen Kurve ist altersbedingt nur noch ein Schatten seiner selbst, von einst 20 Metern Höhe zurückgestutzt auf einen unförmigen Busch. Und Renate Krilles spricht zaghaft. Sie gibt zu, dass sie kein Politikprofi ist, sondern eine unbekannte Quereinsteigerin. Wie Podiumsdiskussionen und Überzeugungsarbeit am Wahlstand gehen, lernt sie gerade erst.

Erschöpft von der Kommunalwahl im März, fehlte den Grünen im Süden der Kandidat, der Zeit für den dicksten Job dieses Sommers haben würde. Sie hörten sich um, und sie fragten die Schwester eines Schwabacher Kreisvorstands: Renate Krilles. «Ich habe es erst für einen Scherz gehalten», sagt die 56-Jährige. Aber sie trat der Partei bei und ließ sich aufstellen. «Inzwischen frage ich mich, warum ich es nicht schon eher gemacht habe.»

Schließlich denkt sie als Wählerin schon lange «durch und durch grün». Und sie hat etwas auszubügeln, was sie gleich nach der Begrüßung als «Jugendsünde beichtet», sich im Detail aber nur gequält entlocken lässt: Vor 25 Jahren gehörte sie einmal der CSU an. Ihr letzter aktiver Auftritt war die Kandidatur für den Schwabacher Stadtrat 1984. Da hatte sie sich gedanklich schon verabschiedet. Als zu selbstgerecht erlebte sie die Parteifreunde. Obwohl sie einige von ihnen menschlich bis heute schätzt – sie sieht sich noch, wie sie im Boden hätte versinken mögen, als der spätere bayerische Justizminister aus Roth, Manfred Weiß, vor Naturschützern das Waldsterben kleinredete. «Die CSU trat die Schöpfung mit Füßen.»

Renate Krilles hat als Gesprächsort das alte Schwabach gewählt, weil es ihr Heimat- und Wohnort ist. Beim Bummel durch die schmucken Altstadtgässchen sieht sie ein anderes grünes Thema auf der Straße liegen. Hier gab es in ihrer Jugend einmal einen Metzger, dort einen Schuster – das Ladensterben verstärkt bei Krilles den Wunsch, regionale Öko-Erzeuger und Handwerker wirtschaftspolitisch wieder so stark zu machen, wie sie es früher naturgemäß waren.

Auch den Nürnberger Teil ihres Stimmkreises kennt sie gut: Die selbstständige Betriebswirtin und Bilanzbuchhalterin arbeitet dort in der kaufmännischen Lehrlings- und Erwachsenenbildung und unterrichtete früher junge Aussiedler und Mütter nach der Babypause. Alle Erfahrungen dabei bringen sie dazu, die Bildungspolitik der CSU für «menschenverachtend» zu halten und sich für neun Jahre gemeinsame Schulzeit einzusetzen.

Zurück im Wohnhaus mit Garten, eingerichtet mit viel Holz und Kreativdekor, ist Renate Krilles in Fahrt geraten. Als Befreiungsschlag erlebe sie ihren Wiedereintritt in die Politik, jetzt wo ihre zwei erwachsenen Kinder außer Haus sind. Sie sei «sicher, dass wir ein gutes Ergebnis erzielen». Die Sorgen der Zeit – hohe Energiepreise, Armutsprobleme, Bildungsungerechtigkeit – sprächen für Grün als Akteur der kleinen Schritte. Im März legte die Partei in Schwabach um viele Mandate zu, erstmals stellt sie einen Bürgermeister.

Im Nachhinein schickt Renate Krilles eine E-Mail, in der sie ihre politische Wandlung zur Sicherheit noch einmal beschreibt. «Ich hatte gestern schon dargelegt, dass ich nie begreifen konnte, dass die CSU nicht die Umweltgedanken und -probleme von Anfang an auf- und angenommen, sondern im Gegenteil als lächerlich abgetan und die Augen völlig verschlossen hat», schreibt sie. «Das hat manchmal fast weh getan. Ich kann mich mit den Grünen auch deshalb so gut identifizieren, weil hier keine stromlinienförmige Einheitsmeinung vorausgesetzt wird. Außerdem wird auch den WählerInnen gegenüber aufrichtiger und ehrlicher gearbeitet.»

Isabel Lauer
11.9.2008  © NÜRNBERGER ZEITUNG

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