Birgit Raab: "Keiner steigt in ein Flugzeug ohne Landebahn"

Sie sind das Gesicht ihrer Partei im Wahlkampf vor Ort: die Direktkandidatinnen und -kandidaten. Das Schwabacher Tagblatt stellt sie in einer Serie zur Bundestagswahl am 27. September vor. Heute: Birgit Raab. Sie tritt für Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Nürnberg-Süd/Schwabach an:

SCHWABACH (gw) - Wie weiter in Afghanistan? Seit dem blutigen Bombenangriff in Kundus steht diese Frage plötzlich im Mittelpunkt. An Birgit Raabs Haltung hat der Angriff aber nichts geändert. «Wir haben zu sehr aufs Militär gesetzt und zu wenig für den zivilen Aufbau getan. Wir wollen einen Strategiewechsel», hatte die grüne Direktkandidatin bereits im Pressegespräch vor einer Woche betont. Darin sieht sie sich nun auf tragische Weise bestätigt.

Der Bundesregierung hält sie einen «Kurs der Kriegs-Eskalation» vor. Den lehnen die Grünen ab. Ihre Forderung: Die Nato müsse sich sofort bewegen: «Weg von der offensiven Aufstandsbekämpfung hin zum zivilen Aufbau.» Andernfalls fordern die Grünen den kompletten Abzug der Bundeswehr.

Birgit Raab will aber keine vorschnellen Forderungen zu komplexen Themen stellen: «Man muss sich doch nur daran erinnern, wie gerade die Frauen von den Taliban behandelt worden sind. Ich will auf keinen Fall, dass sich das wiederholt.»

Doch Afghanistan ist nur eines der schwierigen Probleme, die auf die künftige Bundesregierung warten. In der wären die Grünen gerne wieder vertreten. «Alles ist offen», kommentiert sie die Situation nach den jüngsten drei Landtagswahlen. «Schwarz-Gelb war doch schon dabei, die Posten zu verteilen. Aber die politische Landschaft wird bunter. Da kann Demokratie nur gewinnen.»

Jamaika noch weit entfernt

Am liebsten wäre ihr eine Neuauflage von Rot-Grün. Doch dafür sieht sie mit Blick auf die Umfragen «keine Chancen», wie sie offen sagt.

Und eine Jamaika-Koalition? «Auf keinen Fall», sagt Raab. «Dafür liegen die inhaltlichen Positionen von Union, FDP und uns zu weit auseinander. Man denke an den Atomausstieg, an die Gentechnik, an die Wirtschaftspolitik.»

Schwarz-Gelb verhindern

Bliebe noch «Rot-Rot-Grün» als Option. Dazu würde Birgit Raab «kein grundsätzliches Nein» sagen. «Es kommt auf die Inhalte an. Wir sind grün statt links. Bei uns steht die Ökologie im Mittelpunkt. Das vermisse ich bei den Linken.»

Klar sind zumindest zwei Wahlziele: Die Grünen wollen Schwarz-Gelb verhindern und selbst möglichst stark werden.

Birgit Raabs Chancen, in den Bundestag gewählt zu werden, sind nur theoretischer Natur. «Ach, der Christian Ströbele hat’s doch auch geschafft», witzelt sie. Doch Berlin-Kreuzberg ist die Ausnahme. Die Direktmandate machen die beiden Volksparteien unter sich aus. Und auf der Liste der Grünen steht sie weit hinten auf Platz 17.

«Ich habe schon das Ziel, in den Bundestag zu kommen», erklärt sie. «Vielleicht das nächste Mal», fügt sie lächelnd hinzu. So führt Birgit Raab einen Wahlkampf mit vollem Einsatz. «Ich mache ungern halbe Sachen.»

Seit elf Jahren Bezirksrätin

Sehr ernst nimmt sie deshalb auch ihr Mandat als Bezirksrätin. Lange war die 44-Jährige eine grüne Einzelkämpferin. Seit elf Jahren ist sie in dem Gremium und Vorsitzende der inzwischen zweiköpfigen Fraktion. «Ich bin in sieben Ausschüssen. Dazu kommen die vielen Termine. Wenn man das engagiert macht, ist es fast ein Halbtagsjob.»

In erster Linie aber betreibt sie eine Praxis für «Ganzheitliche systemische Beratung». Birgit Raab beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit alternativen Heilmethoden und ist auch Vorsitzende einer «Selbsthilfegruppe für klassische Homöopathie».

Studiert aber hat sie in Triesdorf und ist Diplom-Agraringenieurin. «Ich bin in Ansbach geboren und in Erlangen aufgewachsen. Ich wollte dann raus aufs Land.» Heute lebt die Mutter eines Sohnes im idyllischen Weidenbach im Landkreis Ansbach.

Ökologische Landwirtschaft ohne den Einsatz von Gentechnik sind ihr ein besonderes Anliegen. Ökologie bleibe aber auch Richtschnur grüner Wirtschaftspolitik.

Eine Million Jobs in vier Jahren

«Grüner New Deal», so lautet der Titel des Programms, mit dem die Grünen in den nächsten vier Jahren eine Million neue Arbeitsplätze in den Bereichen Erneuerbare Energien, Bildung und Gesundheit schaffen wollen. Der Name erinnert an das Reformprogramm von US-Präsident Franklin D. Roosevelt in den 1930er Jahren als Reaktion auf die damalige Weltwirtschaftskrise.

Ein Mindestlohn von 7,50 Euro und die Aufstockung von Hartz IV auf 420 Euro sind erste Schritte zur Armutsbekämpfung. Zudem müsse das Prinzip «Gleiches Geld für gleiche Arbeit» endlich auch für Frauen gelten.

Die Bundestagswahl soll zudem zur Abstimmung über das klassische Thema der Grünen werden: «Wir wollen den Ausstieg aus der Atomkraft so schnell wie möglich», betont Birgit Raab. «Jeder Tag produziert Atommüll, von dem wir nicht wissen, wohin der kommen soll. Es gibt kein sicheres Endlager. Keiner steigt in ein Flugzeug ohne Landebahn.»


Im Grünen fühlt sich Birgit Raab am wohlsten. «Bei uns steht die Ökologie im Mittelpunkt», sagt die Kandidatin der Grünen.

Foto: Schmitt - © SCHWABACHER TAGBLATT

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