Haushaltsrede 2009

Haushaltsrede 2008

für die Fraktion B90 / DIE GRÜNEN - Stadtrat Klaus Neunhoeffer

Das Jahr 2008 wird in mancherlei Hinsicht als ein Jahr des Wandels und der Veränderungen in die Geschichte eingehen.

Keine Sorge, mein Blick wird sich trotz des Klimawandels, der globalen Finanzkrise oder der us-amerikanischer Präsidentenwahl auf die Schwabacher Entwicklungen konzentrieren. Wie zu zeigen sein wird, leben wir – das überrascht nun nicht wirklich - hier nicht abgeschottet von der Welt, sondern wir sind ein Teil davon. Wir sollten uns von Beispielen politischen Stillstandes oder Rückschrittes – die Klimapolitik der Großen Koalition sei hier genannt – nicht zur Nachahmung auf kommunaler Ebene anregen lassen!

Die Kommunalwahl im Frühjahr dieses Jahres hat mit dem Wechsel in der Person des Oberbürgermeisters eine historische Zäsur für diese Stadt gebracht. Trotz dieser Zäsur kann festgestellt werden, dass zwar Personen wechseln können, sogar die Parteizugehörigkeit von Oberbürgermeistern, dass aber das Amt selbst und Aufgaben nicht unbedingt an Personen gebunden sind. Kommunalpolitische Themen und Entscheidungen überdauern Wahlperioden und Amtsinhaber; ein anschauliches Beispiel mag der Flächennutzungsplan für Schwabach sein, dessen Fertigstellung so manches überdauert. Aber auch Fragen der Stadtentwicklung an markanten Stellen – darauf wird noch einzugehen sein - sind keine Fragen, die mit dem Abschluss von Amtszeiten abgeschlossen sind.

Mit anderen Worten: nicht immer lässt sich so deutlich wie in diesem Jahr und in dieser Stadt zeigen, dass Politik im Prozess geschieht, niemals ohne Voraussetzungen und immer mit Auswirkungen – nicht selten auf nachfolgende Generationen.

Als Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Schwabacher Stadtrat sind wir ein bisschen stolz auf unser Wahlergebnis, auf die Verdoppelung unserer Sitze im Stadtrat und auch darauf, dass mit Dr. Roland Oeser das erste Mal in der Geschichte der Stadt ein Mitglied unserer Fraktion das Amt eines Bürgermeisters ausübt.

Wir sind uns dieser gewachsenen Verantwortung bewusst. In der Kommunalpolitik – insbesondere in Städten der Schwabacher Größenordnung – spielen politische Konstellationen der „großen Politik“ keine Rolle; so verbietet es sich von selbst, von Koalitionen oder der gleichen zu sprechen; der Stadtrat ist ein Gremium der kommunalen Selbstverwaltung und kein Parlament im klassischen Sinne. Unsere Verantwortung wird sich immer an den Themen festmachen lassen – und wir haben keine geringe Erfahrung darin, auch stellvertretend für die „Stadtgesellschaft“ Dilemma-Diskussionen zu führen und nicht immer einfache Entscheidungen zu treffen, wenn es sein muss auch außerhalb der Fraktionsdisziplin. Aber immer offen und transparent. Gelebte Demokratie eben.

Mit dem Umstieg vom kameralistischen zum doppischen Haushalt erleben wir einen echten System- und damit auch einen Betrachtungswechsel unseres kommunalpolitischen Handelns, hier v.a. der Finanzierung dieses Handelns. Die Umstellung auf das neue System und die Erarbeitung der Eröffnungsbilanz für die Stadt Schwabach war eine echte Herkules-Leistung. Deshalb möchte ich gleich an dieser Stelle unseren Dank an den Stadtkämmerer, an Herrn Strauß und die gesamte Kämmerei aussprechen. Sie haben mit viel Engagement und noch mehr Arbeit in der Haushaltspolitik der Stadt die Zukunft eingeleitet.

Auf dem Weg werden wir noch Erfahrungen zu sammeln haben. Und genau so betrachten wir diesen ersten doppischen Haushalt. Und auch unser Blick darauf wird mit den Erfahrungen wachsen. Wir sind dabei, uns zurecht zu finden. Als neues System schärft uns der doppische Blick die Sicht auf die Folgekosten von Investitionen und auf die Frage, ob eine Stadt in ihren kommunalen Ausgaben aus der Substanz heraus agiert; eine politische Diskussion darüber, ob solches Handeln mehrheitsfähig ist, ist eine höchst verantwortungsvolle Diskussion. Damit geht der politische Blick über das Haushaltsjahr hinaus; diesen nachhaltigen Gedanken haben wir auf den Schulungen mit Freude zur Kenntnis genommen. In der konkreten Beratung des Haushaltes für das Jahr 2009 haben wir dann festgestellt, dass Details von Projekten für uns nicht so mehr sichtbar sind, wie wir uns das wünschen; uns so war zunächst die Freude über die nachhaltige Betrachtung getrübt. Wir werden sehen, inwieweit die Standardisierung der Positionen in den einzelnen Haushalten zur Transparenz beiträgt.

Doppik hin oder her, die Konzentration in den Haushaltsberatungen auf den Investitionsplan hat Tradition und ist Kern der Budgethoheit des Stadtrates. Ernsthaft sollten wir uns aber dem Gedanken zuwenden – nicht nur in Zeiten knapper Kassen – einen politischen Blick auf das „Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit“ zu werfen (in der kameralistischen Betrachtung sprach man vom Verwaltungshaushalt). Dies könnte die Motivation zur Begründung von Verwaltungstätigkeit erhöhen, ohne dass grundsätzlich jede Maßnahme in Frage gestellt würde.

In die Betonung der Budgethoheit des Stadtrates muss ein Aspekt eingefügt werden, der uns aus dieser Hoheit hinausführt. Mit dem städtischen Haushalt stimmen wir über etwa die Hälfte des finanziellen Engagements der Stadt Schwabach ab. In fast gleicher Höhe ergeben sich Beteiligungen an den städtischen „Töchtern“. Und wie Mütter eben so sind, auf unsere Töchter sind wir schon stolz. V.a. dass sie nach wie vor unsere Töchter sind und damit in öffentlicher Verantwortung agieren, findet unsere Unterstützung. Von der Gewo-Bau bis zum Krankenhaus sind wir in wichtigen Feldern aktiv. Dass aber die eine Tochter mit einer fossilen Liaison liebäugelt, will uns nun gar nicht recht gefallen.

Zurück im städtischen Haushalt muss das Thema der Personalentwicklung in der Stadtverwaltung angesprochen werden. Wir wissen, dass eine Stadt der Größe Schwabachs mit den Pflichtaufgaben einer kreisfreien Stadt in vielen Bereichen der Verwaltung mit engen Personalkapazitäten und mit Entwicklungsmöglichkeiten arbeitet, die mit den großstädtischen Nachbarn nicht ganz konkurrenzfähig sind (lässt man den Vorteil, eben in Schwabach zu arbeiten außer Betracht). Sollten aus verschiedensten Gründen Personalengpässe auftreten, dann kann mit den vorhandenen Kräften nicht immer zur Zufriedenheit Ersatz geleistet werden. Deswegen gilt unser Dank dem gesamten Personal der Stadtverwaltung Schwabach für seine Dienste.

An dieser Stelle sei ein selbstkritischer Einschub erlaubt: In den Jahren der Haushaltseinsparungen haben wir unter größten Anstrengungen auch im Personalbereich für Zurückhaltung gesorgt, indem wir nicht nur keine Stellenmehrungen beschlossen haben, sondern in manchen Bereichen uns zu Reduzierungen durchgerungen haben. Nun erlebten wir einen schmalen Zeitraum, etwa von Herbst 2007 bis Sommer 2008, in dem ein Hauch von ausgabefreudiger Euphorie zu spüren war – ob Wahlkampf und Neuordnung nach der Wahl dies beschleunigten, sei dahingestellt. Dies machte sich auch personalwirksam bemerkbar. Dieser Hauch ist mit dem Sommerwind verflogen – und wir fühlen uns in die Zeit vor 3, 4 Jahren zurückversetzt; mit einer Perspektive für die kommenden Jahre, die nun zu keiner Euphorie mehr Anlass geben dürfte. Damit will ich sagen, dass wir mit den Stellenschaffungen des vergangenen Jahres u.U. recht mutig waren; hoffentlich erschrecken wir nicht zu sehr an diesem Mut. Damit soll keiner rigorosen Personalpolitik im Sinne einer reinen Einsparungspolitik das Wort geredet werden. Ich meine aber, dass wir stärker als bisher einen strategischen Blick auf die Entwicklungspotenziale und –schwerpunkte des städtischen Personals brauchen. Der Personal- und Organsiationsausschuss wird gefordert sein, diese strategische Personalentwicklung zu begleiten und diese Entwicklung muss mehr sein als die Fortschreibung des status quo.

Schwabach wird sich qualitativ und nachhaltig weiterentwickeln, wenn wir erstens den demographischen Wandel genauso wie zweitens die ökologischen Herausforderungen und drittens die kulturellen Chancen auch innerhalb der Stadtverwaltung als Schwerpunktaufgaben definieren. Spielereien mit quantitativen Größen, z.B. der Einwohnerzahl, haben aus unserer Sicht dabei keine Priorität.

Mit der Definition einer Verwaltungsstabsstelle für internationale Beziehungen, Bürgerengagement, Integration und Senioren sind wir einen ersten Schritt gegangen. Nun freuen wir uns auf Taten!

Der demographische Wandel bedeutet mehr als den Blick auf eine älter werdende Gesellschaft zu werfen. Der kommunalpolitische demographische Blick hat ebenso Kinder und Jugendliche im Auge, erkennt deren Chancen durch Bildung und Betreuung und sucht nach den städtischen Handlungsfeldern. So wollen wir den Ausbau von schulischer Sozialarbeit – natürlich ein Fall der Konnexität ; aber eben auch eine kommunale Verpflichtung. Weitere Ganztagesangebote der Schulen sollten unsere Unterstützung finden. Die Prioritätenliste der Schulsanierungen ist mit Hochdruck abzuarbeiten!

Schule insgesamt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Wir müssen als Kommune erkennen, dass sich mehr und mehr der bisherigen Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen an den Ort Schule verlagern wird. Die kommunalen wie die gesellschaftlichen Angebote werden sich schrittweise anpassen müssen. Ein leuchtendes Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Musikschule, die mittlerweile breit in den Schwabacher Schulen verankert ist!

Bestehende Strukturen von Jugendeinrichtungen werden nicht angetastet. Sie weiter auszubauen, ist derzeit und unter den geschilderten Bedingungen zwar wünschenswert, aber nicht realisierbar!

Die ökologischen Herausforderungen sind unverändert!

Unser Wunsch richtet sich darauf, alle kommunalen Investitionen – von der Beschaffung bis zu den Aussagen eines Bebauungsplanes - einer standardisierten energetischen und energietechnischen Überprüfung zu unterziehen. Ob daraus ein jährlicher städtischer Energiebericht erwächst und langfristig Einsparungen erzielt werden können und welche weiteren Aufgaben in diesem Zusammenhang zu definieren sind, soll der interfraktionelle Arbeitskreis festlegen. Dieser muss nach unserer Auffassung ohne Verzögerung seine Arbeit aufnehmen.

Die Frage der Einrichtung eines Öko-Kontos zur Beantwortung der allfälligen Ausgleichs-Probleme bei der Entwicklung von Bauvorhaben kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Sie ist bis heute nicht beantwortet. Schwabach muss in Vorlage gehen, was die Definition von potentiellen Ausgleichsflächen betrifft. Hier muss ein Konzept entwickelt werden, das vernetzte Strukturen aufweist. Dass diese Frage für die letztliche Fertigstellung des Flächennutzungsplanes eine zentrale Rolle spielt, muss nicht betont werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle beispielhaft auf drei große Themen der Stadtentwicklung eingehen: Martin-Luther-Platz, Markgrafenareal und Wittelsbacherstraße. Die Entwicklung des MLP ist im Stadium der Entwicklung von Wettbewerbsunterlagen. Alle Beteiligten und Betroffenen sind in das Verfahren einbezogen. Wir sehen hier den Fortgang eines Projekts über Wahlperioden und Amtszeiten hinweg. Es bewegt sich etwas.

Dass das Markgrafenareal zum Thema werden soll, war die Anfangsbotschaft dieser Stadtratsperiode. Es ist nach unserer Auffassung richtig, sich mit längerfristiger Perspektive auf dieses Thema zu konzentrieren, ohne heute bereits über konkrete Zeitabläufe zu sprechen. Auch hier gilt: die Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen wird zu allseits akzeptablen Ergebnissen führen können. Es wird sich etwas bewegen.

Noch in weiterer Ferne ist die „Baustelle“ Wittelsbacherstraße. Hier gilt: die Ohren offen halten für Möglichkeiten der Entwicklung an dieser Stelle.

Ein wichtiges weiteres Thema wird die Stadtentwicklungsdiskussion bereits im nächsten Jahr bestimmen: der Wunsch der muslimischen Gemeinde in Schwabach nach einer zentralen Begegnungsstätte. Hier haben wir als politische Kräfte der Stadt die Aufgabe, sensibel mit diesem Thema umzugehen und alle Beteiligten in einen öffentlichen Diskurs einzubinden. Dann wird am Ende ein integratives Ergebnis erwartet werden können. Hier gilt: Ungeduld ist nicht zielführend; Wegsehen aber auch nicht.

Die Chancen der kulturellen Weiterentwicklung Schwabachs sind sehr gut. Mit dieser Weiterentwicklung wird sicher auch die Wahrnehmung Schwabachs außerhalb der eigenen Stadtgrenzen wachsen.

Dass die Stadt Schwabach zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Bürgermeister mit der Aufgabe „Kultur“ beauftragt, zeigt den hohen Stellenwert, der diesem Thema zugewiesen ist.

Wir sehen in der Ausstattung des Museums-Anbaus (sollten wir nicht besser von einem Museums-Neubau sprechen?) ein zentrales Projekt für die Steigerung der kulturellen Attraktivität unserer Stadt. Unsere intensiven und teilweise auch sehr anstrengenden Diskussionen haben zu einem hervorragenden Ergebnis geführt. Die Aufwertung des Museums-Stadtteils und die Einrichtung des Museums werden der Stadt insgesamt einen spürbaren Schub geben. In diesem Zusammenhang ist auch unsere Initiative für eine Landesausstellung im – gar nicht mehr so fernen – Jahr 2017 zu sehen!

Kultur lebt vom Blick über Grenzen. Auch über Stadtgrenzen hinaus. Nirgendwo sonst funktioniert die interkommunale Zusammenarbeit so produktiv und so kreativ wie hier.

In den letzten Jahren mussten wir leider lernen, dass in anderen Handlungsfeldern diese Zusammenarbeit nicht so reibungslos verläuft. Das bedauern wir! Und wir wünschen uns, dass weder Stadtverwaltung noch Stadtspitze resignieren!

Im Wissen um die finanziellen Kräfte der Stadt, um die Balance aus den Pflichtaufgaben, die Schwabach als kreisfreie Stadt zu leisten hat und aus den begrenzten Möglichkeiten, darüber hinaus alle Wünsche zu erfüllen, haben wir auf eigene, Kosten verursachende Anträge zum städtischen Haushalt 2009 verzichtet.

Wir danken Herrn Stadtkämmerer Schwager und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sie waren uns die gewohnt kooperativen und kompetenten Partner. Mit Ihren realitätsbezogenen Ansätzen im Haushaltsentwurf haben Sie unserer Arbeit auf der einen Seite deutliche Grenzen gesetzt, auf der anderen Seite – das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre – war dies aber auch die Voraussetzung für einen klaren Kurs in der städtischen Haushaltspolitik.

Wir stimmen dem Haushalt 2009 zu.

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