B-Plan Penzendorfer Str./Weißenburger Str.


An das Referat für Stadtplanung und Bauordnung
z.H.v. Frau Nadja Meyer
Stadtplanungsamt
91126 Schwabach

B-Plan S-115-15 für das Gebiet "Penzendorfer Straße/Weißenburger Straße

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bedanke mich für die Beteiligung als Pflegerin für Umwelt, Naturschutz und Klima am Bebauungsplanverfahren S-115-15 im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit am Planauslegungsverfahren gem &3 Abs. 1BauGB

Als Pflegerin für Umwelt und Naturschutz möchte ich zum vorliegenden B-Plan folgende Einwendungen bzw Anregungen einbringen:

1. Es ist erfreulich, dass in den Planungsunterlagen diesmal auch umfangreiche umweltbezogene Informationen vorliegen.

2. Es ist anerkennenswert, dass für Eingriffe, die auf Grund der geplanten Bebauung zu erwarten sind, ein Ausgleich erfolgen soll, obwohl eine Eingriffs- und Ausgleichsregelung rechtlich nicht erforderlich wäre.
Der Ausgleich sollte allerdings nicht willkürlich, sondern nachvollziehbar nach den üblichen Regeln der Schwabacher Punkteliste erfolgen. Damit würde deutlich, wie hoch der ökologische Verlust wirklich ist.
Die in den Unterlagen angedachte und aufgezeigte Schulhoffläche als Naturerlebnisraum, untermalt mit reizvollen bildlichen Vorschlägen in den Unterlagen, ist leider nur wollwollend gemeinte "Natur-Kosmetik."
Großbäume als Ersatz pflanzen zu wollen, ist ökologischer Unsinn, weil auf und im Umfeld von Tiefgaragen keine Großbäume tiefgründig wurzeln können! Es wäre wünschenswert, aber vermutlich wegen der hohen Ausgleichspunktezahl nicht umsetzbar, wenn der geforderte Ausgleich möglichst vor Ort erfolgen könnte. Auch ein angestrebtes blockübergreifendes Freiraumkonzept könnte nur ein minimaler Ersatz für die horrente Vernichtung von wildem Naturraum darstellen.

3. Es wäre für die ökologische Beurteilung von Vorteil gewesen, wenn vor der öffentlichen Auslegung auch die notwendige SAP vorgelegen hätte, die vermutlich interessante artenschutzrechtliche Erkenntnisse vorweisen werden wird. Für die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit zum Bebauungsplanentwurf sollten die noch ausstehenden Untersuchungen und Fachgutachten vorliegen.

4. In Deutschland stehen 1,7 Millionen Wohnungen leer. Trotzdem werden bis 2020 angeblich jährlich 400 000 Wohnungen vor allem für sozial schwache Menschen mit geringem Einkommen gebraucht. Die Stadt Schwabach will mit der Ausweisung dieser Baufläche ihrer sozialen Verpflichtung für notwendigen sozialen Wohnungsbau nachkommen.

Dabei darf Ökologie nicht gegen die sozialen Aspekte ausgespielt werden.

Deshalb ist zunächst festzustellen, dass seit 2004 ein genehmigter, fertiggestellter B-Plan für sozialen Wohnungsbau für ca 270 Wohnungen an der Flurstraße vorliegt. Diese Fläche ist entsprechend dem FNP umgehend der Nutzung zuzuführen, die seit mehr als 10 Jahren stadtplanerisch vorgesehen ist. Dann kann auf die geplante Bebauung der ökol. wertvollen, parkähnlichen Grünfläche, die nun überplant werden soll, verzichtet werden.

Nachdem sich Grund und Boden in der Vielschichtigkeit seiner Nutzungsansprüche, (Grünfläche und Lebensraum für Pflanzen und Tiere aller Art, Klimaregulator, Wasserspeicher, Regenwasserrückhaltung, Sauerstoffspeicher, Anbau von Nahrungs- und Futtermittel, .......) immer mehr als die knappste Ressource weltweit und vor Ort darstellt, muss bei Bauplanungen, auch im vorliegenden Fall, dieser Aspekt immer besondere Beachtung finden. Mit der Überplanung der Biotop-, stadtklimarelevanten und wertvollen Grünfläche wird wertvoller Grund und Boden mit seiner heutigen Bedeutung dauerhaft zerstört.

Sollte eine Bebauung wirklich erfolgen, muss unbedingt an anderer Stelle im Schwabacher Stadtgebiet eine entsprechende Fläche aus der Bebauung genommen werden. Dafür wäre die landwirtschaftlich genutzte Fläche an der Flurstraße, die mit dem Ziel von sozialen Wohnungsbau bereits zur 2004 zur Baureife gebracht wurde, besonders geeignet, nachdem diese anscheinend weder jetzt noch in absehbarer Zeit bebaut werden soll. Diese Fläche wäre prädestiniert für sozialen Wohnungsbau weil sie zur besseren Ausnutzung ans naheliegende Wärmenetz der dortigen Biovergärung angeschlossen werden und somit mit billiger Wärmeenergie versorgt werden könnte.

Sollte das politisch nicht gewollt sein, muss auf die Bebauung einer so wertvollen innenstadtklimarelevanten und kartierten Biotopfläche wie jetzt vorgesehen, verzichtet werden!

Auch noch weitere geeignete Flächen sind gründlich zu prüfen und deren evtl. Nichtnutzbarkeit wäre stichhaltig zu begründen. Eine weitere geeignete städtische Fläche für sozialen Wohnungsbau wäre an der Angestraße/Eilgutstraße möglich und sofort umsetzbar ohne Zerstörung von allzuviel städtischem Innenstadtgrün.
Noch eine weitere sofort bebaubare Fläche für sozialen Wohnungsbau wäre im Rahmen der Erweiterung der A6 die Fläche der jetzt leerstehenden ehemaligen Autobahnmeisterei „An der Autobahn“.
Beide Alternativflächen finden von stadtplanerischer Seite in der Abwägung keine Beachtung.

5. Sozialer Wohnungsbau soll möglichst preiswert erfolgen, damit bezahlbarer Wohnraum entstehen. Die hohen Kosten von Wohnraum entstehen aber vor allem durch Baunebenkosten.

Ein Parkplatz in einer Tiefgarage kostet in der Herstellung ca 30 bis 40 000Euro, in der Fläche 8 - 10000 Euro. Wenn diese Kosten deckend auf die zukünftigen Bewohner umgelegt werden sollen, müssen die Mietkosten entsprechend hoch kalkuliert sein, es sei denn, die Mietkosten werden durch öffentliche soziale Leistungen oder durch den Wohnungsbauträger subventioniert.
Ziel der Politik ist aber möglichst billigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dieser Widerspruch muss dargestellt und diskutiert werden. Es ist deshalb zu empfehlen, dass die Stellplatzsatzung entsprechend vorsichtig angewandt wird.
Bei knappem Grund und Boden müssen unbedingt neue Wege für eine zukunftsfähige Mobilität erprobt werden. Im vorliegendem Planungsfall ist Carsharing vorzuschreiben. Dazu ist ein beratender, erfahrener Fachmann aus anderen Städten für Planung und Umsetzung hinzuzuziehen, z.B. Würzburg.
Randbemerkung: Bei Baukosten pro Stellplatz z.B. in Höhe von 40000 Euro kann z.B. eine Jahres-Mobicard für den Stadtverkehr Schwabach ca 10 Jahre lang an 8 Personen verschenkt werden.
Zum Laden von E-Atos sind im öffentlichen Parkraum Ladestellen einzuplanen.

6. Im Zeichen der Diskussion um eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung muss der Verlust von Innenstadtgrün und somit zugleich von Lebensqualität mehr in den Mittelpunkt von politischen Betrachtungen, Informationen und Entscheidungen gestellt werden.
Schwabach verliert immer mehr und immer schneller an Grün. Durch den Weiterbau der A6 ist dies im Augenblick besonders signifikant spürbar und sichtbar. Im Augenblick verliert Schwabach auch an der Pheripherie durch ungewöhlich schnelles Kiefernsterben grüner Waldflächen, das nicht so schnell nachwachsen kann wie es verschwindet.
Zeitgleich ist das Absterben von standorttypischen Bäumen im ganzen Stadtgebiet zu beobachten, Birken, Vogelbeere, Lärche.
Dazu wurden in der letzten Jahren weitere grüne, klimarelevante Innenstadtflächen zerstört: An der Städtler/Galgengartenstraße, an der Fürther Straße, südlich des alten Friedhofes, am Friedrich-Wilhelm-Weg, kürzlich an der Angerstraße, eine seit Jahren wild überwachsene Ruderalfläche. Mit einer geplanten Baufläche am Dillinghofweg wurde ebenfalls ein kartiertes Biotop zerstört. Bei weiterem verdichteten Bauen z.B. auf der Fläche Lindenstraße/Kloster-Ebrach-Str verschwindet ebenfalls Innenstadtgrün.

7. Auf dem zu beplanenden Gelände befindet sich parkähnliches, wildes Grün, zwei mächtige mehr als 200 Jahre alte Bäume, eine Linde und eine Eiche, und mindestens 35 weitere Großbäume, Ahorn, Hainbuche, weitere Obstbäume, Linden, verschiedene Sorten von Zibarten - fränkisch Zipperle - und zwei mehr als 120 Jahre alten Birnbäume, die Aarer Pfundsbirne und eine nicht mehr bestimmbare und daher alte, seltene Regionalbirne. Diese gab es vermutlich nur in Schwabach und Umgebung und es gibt sie heute nirgends mehr, nur noch als Pfropfung, zum Erhalt der Sorte. Sie zeigt noch Stammveredlungsspuren, eine Technik, die heute nicht mehr angewandt wird.
Gerade diese Bäume sind unersetzlich, sie haben vermutlich noch eine Lebensdauer von mehr als 50 Jahren, ein Zeitabschnitt, den diejenigen, die diese Bäume der Fällung preisgeben werden, nicht mehr erleben werden. Sie sind als ökologisches und geschichtsträchtiges Kleinod einzustufen. Mit der geplanten Bebauung müssen die Birnbäume, dieses wertvolle Kulturgut aus der Zeit des vorletzten Jahrhunderts, als Gartenkultur vor den Toren der Stadt noch der Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung diente, gefällt werden.
Die Gartenanlage selbst stammt aus den Jahren 1780, als Teil der Schwabacher Kattunfabrik und ist somit ein geschichtsträchtiges Stück Land, das enstprechend gewürdigt werden sollte. Es wäre als Schulerweiterung mit einem entsprechenden Grünzug für grüne Klassenzimmer ideal geeignet. Dazu müßte die Fläche nicht eingeebnet und umgestaltet werden. Es spricht auch unter dieser Sichtweise alles dafür, dass auf eine Bebauung verzichtet werde sollte. Bei einer Überbauung müssen wenigstens die beiden Birnbäume und die vorhandene Großbäume erhalten bleiben.

8. Mit der Planung soll erneut die Zerstörung einer im Arten- und Biotopschutz-Programm (ABSP) und in der Stadtbiotopkartierung aufgelistete kartierte Biotopfläche der Stadt in die Wege geleitet werden.
Damit ist der Verlust an Artenvielfalt trotz Ausgleichs erneut vorprogrammiert. Die Wichtigkeit, Biotopflächen zu erhalten und zu pflegen, wird von der Stadt nicht erkannt. Biotopflächen sind natürliche, dauerhafte Zeitzeugen, die auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben müssen. Nur eine bestimmte Anzahl an Rückzugsflächen (Biotopflächen) machen das Überleben von bedrohten Arten möglich. Die Grenzen sind weltweit und überall bereits für viele Arten überschritten. Die große Verantwortung für die Artenvielfalt liegt deshalb inzwischen auch direkt bei den Kommunen.
Schwabach ist Mitglied beim europäischen Bodenbündnis, beim Klimabündnis und seit 2010 Mitglied bei „Kommunen für biologische Vielfalt“. Es zeigt sich, dass die Stadt mehr und mehr diese gemeinsam gewollten Aktivitäten und eingegangenen Verpflichtungen vernachlässigt.
Eine genaue Bewertung der Artenvielfalt kann erst nach Fertigstellung der SAP erfolgen.

9. Stadtbäume und Stadtgrün wird gebraucht zur Luftreinhaltung, als Klimaregulator, als Sauerstoffspender. Stadtgrün ist multifuktional, ein positiver Imageträger, grüne Städte punkten im Standortwettbewerb. Stadtgrün fördert Erholung und Gesundheit, schafft Gestaltungsräume für alle Stadtbewohner, fördert ein gesundes Klima, den Erhalt der Biodiversität und dient zugleich der Luftreinhaltung, der Grundwasserneubildung, der Regenrückhaltung und dem Schutz der Stadtböden.
Entlang der besonders verkehrsbelasteten Straße ist deshalb das wertvolle Stadtgrün so weit wie möglich zu erhalten und auf eine Bebauung zu verzichten. Die Bebauung sollte insgesamt auf keinen Fall auf einen Maximalwert ausgelegt sein, weil damit die Gefahr einer Ghettoisierung von Menschen aus sozial schwachen Milieu gegeben ist.
Gerade Menschen aus sozial schwachem Milieu benötigen Grün in nächster Nähe, weil sie in der Regel nicht so mobil sind, wie andere Schichten. Mit nahem Stadtgrün ist Nachhaltigkeit für alle Menschen erlebbar und erfahrbar.
Die Bäume entlang der Weißenburger Straße dienen auch als Lärmschutz. Das ist unmittelbar für alle Menschen erfahr- und prüfbar, wenn man die Fläche aufsucht. Schon deshalb ist eine Bebauung zu wählen, die den Erhalt der Bäume entlang der viel befahrenen Straße möglich macht. Schallschutz allein durch Ausrichtung der zweckdienlichen Räume entlang des Straßenraumes ist Täuschung.

10. Grün in der Stadt ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer modernen, nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklungspolitik. Mit Stadtgrün ist Nachhaltigkeit erlebbar und erfahrbar. Die zunehmende Verstädterung macht den Erhalt von Freiflächen und urbanen Grün elementar für den Zusammenhalt und die Vorsorge etwa vor Klimarisiken. Schwabach sollte erkennen, dass Grün in der Stadt einen großen ideellen Wert für alle Menschen hat und nicht jede in städtischenm Besitz befindliche Fläche dem Geldwert ausgeliefert werden darf. Die Stadt ist dem Gemeinwohl Ihrer Bürger und Bürgerinnen und den zukünftigen Generationen verpflichtet.

11. Geamtabwägung: "Stadtgrün" ist Spiegelbild gesellschaftlicher Gegebenheiten. Gemeinsam mit der Bebauung und den Straßenzügen und Plätzen prägen grüne Freiräume das Erscheinungsbild und damit die ästhetische Wirkung einer Stadt, unserer Stadt! Der Verzicht der Bebauung ist aus ökologischen und klimawandelgerechter Stadtentwicklung unbedingt in Erwägung zu ziehen. (Zitat aus: Grün in der Stadt – für eine lebenswerte Zukunft, Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz)

Ökologie darf nicht gegen die sozialen Bedürfnisse ausgespielt werden.

Karin Holluba-Rau
Pflegerin für Umwelt, Naturschutz und Klim 

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