Haushaltsrede 2015

Haushalt 2015

Stellungnahme Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Eckhard Göll, Haushaltssprecher 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Alle Jahre wieder wird mit der Beschlussfassung des Haushaltes der Leitfaden für kommunales Handeln und Wirtschaften für das kommende Jahr festgelegt. Die Haushaltsdebatte bietet Anlass, den Blick über die reinen Zahlenwerke hinaus auf städtisches Planen und Handeln zu richten.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Fraktion B90/Grüne wird diesmal zwar wieder einstimmig dem Haushalt zustimmen. Insgesamt gibt es an dem Haushaltsentwurf, aber auch an dem Verwaltungshandeln einige wenige, aber erhebliche Kritikpunkte, die dem Selbstverständnis grüner Politik, vor allem im Finanz-, Stadtplanungs-, Umwelt- und insbesondere Kulturbereich, nicht entsprechen.

 

  • Seit Jahren ist eine sukzessive, nennenswerte Verringerung der städtischen Rücklagen zu verzeichnen. Es erfüllt uns mit Sorge, dieses ständige Abschmelzen der städtischen Reserven verfolgen zu müssen. Auch für das Haushaltsjahr 2015 ist eine Rücklagenentnahme von M€ 3,5 zur Teilfinanzierung der Investitionen vorgesehen. In unseren Augen wäre das derzeit extrem niedrige Zinsniveau sehr gut geeignet, ja sogar erforderlich, deutlich mehr als die geplanten netto M€ 3,8 Darlehen (Neuaufnahme M€ 6,4, Tilgung rd. M€ 2,6) aufzunehmen, um die Rücklagen, die städtischen Ressourcen, nachhaltig zu schonen. Zieht man die zweckgebundene Deponierücklage noch ab, dann verblieben – folgt man dem Haushaltsansatz -  nur noch freie Rücklagen von rd. M€ 9! Dieser Prozess des Rücklagenverzehrs ist nicht sinnvoll und absehbar endlich. 
  • In diesem Zusammenhang soll überdies auf einen für Teile unserer Fraktion wichtigen Zusammenhang hingewiesen werden, dass grundsätzlich das gesamte Geld- und Finanzsystem eine weiterhin sehr kritische Entwicklung aufweist und vor diesem Hintergrund strategische Reserven erforderlich sind.
  • Die Mehrheit des Stadtrats hat vor einigen Jahren gegen die Stimmen der Grünen einen Flächennutzungsplan für die nächsten 20, 30 Jahre beschlossen. Dieser sieht erhebliche Neuausweisungen für Wohnbebauung vor. Aber nun hat die Mehrheit, die den FNP verabschiedet hat, nichts Besseres zu tun, diesen wieder in Frage zu stellen: Kurz nach Verabschiedung dieses FNP werden seitens der Stadt Flächen außerhalb dieses aufgekauft, um unter dem nicht haltbaren Versprechen „günstiges Bauland für junge Familien“ nennenswerte Zusatzerlöse für die Stadtkasse - man könnte fast sagen spekulativ -  zu erzielen. Die Stadt wäre gut beraten, abgesehen von aller ökologischen Fragwürdigkeit solcher Projekte, sich im Rahmen ihres strategischen Flächenmanagements an ihren eigenen FNP zu halten. 
  • Für ein integriertes Klimaschutzkonzept wurde gegen teils spürbaren Widerstand seitens mancher Kollegen hier im Stadtrat eine halbe Stelle geschaffen. Dies klingt zunächst gut und freut uns auch. Allerdings ist diese für dieses zentrale kommunale ökologische Zukunftsprojekt u.E. zu wenig: Die vielfältigen Aufgaben können von einer halben Stelle nicht ausreichend erfüllt werden, hierfür ist u.E. eine ganze oder zumindest 3/4 Stelle erforderlich. Wir reden grundsätzlich  keiner Personalkostenerhöhung das Wort, allerdings ist zu bedenken, dass diese Stelle zu 2/3 erheblich gefördert wird.
  • Ein für uns zentrales Themenfeld ist der gesamte Kulturbereich. Wir sehen hier die Gesamt-Entwicklung mit erheblicher Sorge: Mit Einführung der Kosten- Leistungs- Rechnung wurde unter engagierter Mitwirkung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Ämtern und Stellen als erstes der Kulturbereich durchleuchtet. Dies hat wichtige Transparenz geschaffen. Der Nachteil dabei bestand in der Folge aber darin, dass dieser Bereich überproportionalen Kürzungen unterworfen wurde und weiterhin werden soll. Egal welcher Bereich, Kultur wird für die Stadt niemals ein ausgeglichenes Ergebnis bringen, Kultur ist vielmehr ein strategischer Standortfaktor für eine lebendige, attraktive Stadt. 
  • Anhand eines Beispiels wollen wir auf diese bedenkliche Entwicklung hinweisen: Das Stadtmuseum. Mit Millionen-Investitionen wurde ein wunderbares Gebäudeensemble errichtet, ein Schmuckstück manifester Schwabacher Kultur im Norden der Altstadt, mit einer Attraktivität weit über die Stadtgrenzen hinaus.  Viele Tausend Besucher jährlich tragen auch zur Belebung der Innenstadt bei. Nun sollten auf Antrag der SPD- Fraktion pauschal T€ 50 zusätzlich gekürzt werden, auf Vorschlag des OB wurde dies auf T€ 20 zurückgenommen. Scheinbar, so unser Eindruck, reicht die Transparenz noch nicht aus, da ansonsten seitens der SPD und des OB solche pauschalen und unwissenden Kürzungsvorschläge nicht kommen könnten. Man kann eine millionenschwere Investition auch totsparen. Es bleiben als steuerbares Regelbudget gerade noch T€ 50 übrig, das Angebot an Veranstaltungen und Sonderausstellungen muss somit reduziert werden – um dann von anderer Seite, hier va. FW, zu hören, es kommen immer weniger Besucher – welch ein Teufelskreis, der hier wissentlich in Gang gesetzt wird. 
  • Wir sehen die Zukunft des Museums, eines zentralen Pfeilers städtischer Kulturarbeit, vielmehr darin, das bislang schon erfolgreiche Konzept weiterzuentwickeln – unsere Vision geht dahin, künftig für Besucher Schwabachs zwei große touristische Magneten anzubieten: Die Altstadt sowie das Museum. 
  • Der Nachweis, inwieweit die KommunalBit der Stadt sowohl kosten- als auch leistungsbezogen die oft propagierten Vorteile bringt, ist noch nicht erbracht.

 

Wo finden wir uns wieder: 

  • Die insgesamt nicht erfreulichen Ansätze im Ergebnis- und Finanzhaushalt tragen wir mit kritischem Auge mangels Alternativen mit. Wir hoffen allerdings, dass uns dies-mal eine vergleichbare Klatsche seitens der Regierung wie letztes Jahr erspart bleibt. 
  • Wir unterstützen den Weg der eingeschlagenen Haushaltskonsolidierung. Ein Beispiel: Grundsätzlich begrüßen wir die Verringerung des Kostenansatzes um T€ 300 für den öffentlichen Nahverkehr / Optimierung der Buslinien. Wir wissen, dass es teils Einschnitte für die Bevölkerung geben muss, auch Härtefälle sind nicht zu vermeiden. Doch es ist sehr wichtig, erstmals nach Übernahme des Stadtverkehrs durch die Stadtwerke eine Optimierung der Linien durchzuführen. Wir sind gefordert, kreative Lösungen für den ÖPNV zu entwickeln (zB Geisterbusse vs kleinere Fahrzeuge, AST, „Bürgerbus“ bis Carsharing). Mobilität besteht auch aus einem weiterentwickelten Radnetz und einem aktuellen Mobilitätsportal auf der Internetseite der Stadt.
  • Zentral sind für uns die Investitionen in Schulen und Bildung, dies auch vor dem Hintergrund, dass Schwabach mit dem Lkr. Roth kürzlich als Bildungsregion ausgezeichnet wurde. Nicht alle notwendigen Schulbauten, -sanierungen und auch eigentlich erforderlichen Unterhaltsleistungen aus dem Sachaufwand (siehe zB WEG) können gleichzeitig umgesetzt werden. Wir tragen die Prioritätenliste mit, die teils auch unsere Handschrift trägt. 
  • Ein wichtiger Baustein der Investitionstätigkeit, der sich im Haushalt wiederfindet, wird auch das alte DG sein. Wir sehen das Gesamtprojekt als „Rückkehr zur Realität“  Die Konzeptionierung haben wir mitgetragen und unterstützen deren Umsetzung.
  • Der Investitionsplan wird von uns weiterhin mitgetragen.  Der Realisierung des Goldschlägerhofs, wenngleich hoffentlich außerhalb der städtischen finanziellen Verantwortung, sehen wir mit Freude entgegen.
  • Wir unterstützen den eingeschlagenen Kurs der Konsolidierung des Krankenhauses. Auch wenn mit der Geburtshilfe ein wichtiger positiver Deckungsbeitragsbringer weggebrochen ist, vertrauen wir der Geschäftsführung und der Kämmerei, das Defizit über die nächsten Jahre hinweg trotz des indiskutablen, aber nicht beeinflussbaren „Mehrleistungsabschlages“ zumindest nicht weiter ansteigen zu lassen und weiterhin eine gute, sogar ein(e) kontinuierlich verbesserte Leistung und Angebot für die SC’er Bürgerinnen und Bürger zu erbringen. Die vorliegende strategische Konzeptionierung tragen wir mit wacher und kritischer Aufmerksamkeit mit.
  • Die Vorschläge zur strategischen Verwaltungssteuerung tragen in einem gewissen Umfang unsere Handschrift. Wir halten das kürzlich verabschiedete Strategiepapier für eine sehr gute mittelfristige Arbeitsgrundlage. Es bleibt aber abzuwarten, inwieweit sich aus der Aufgaben- und Leistungskritik tatsächlich personelle Einsparungspotential ergibt. Wir sind in diesem Zusammenhang über die Tätigkeit des externen Kosten-/Leistungsrechners Herrn Lindner dankbar, durch dessen Wirken erst die fortschreitende Transparenz in vielen Bereichen der Stadtverwaltung ermöglicht wird. Es wäre gut, wenn endlich die Eröffnungsbilanz fertiggestellt werden würde.
  • Die kulturelle Vielfalt besteht nicht nur aus den vielen städtischen Aktivitäten, deren rundum- Kürzungen uns wie gesagt grundsätzlich mit Sorge erfüllen. Aber das SC’er Kulturleben besteht auch aus den vielen privaten Aktivitäten, getragen von Selbstinitiativen der Schwabacher Bürgerinnen und Bürger. Dies seitens der Stadt weiterhin ideell und in einem gewissen vertretbaren Maße auch finanziell zu unterstützen ist uns sehr wichtig.
  • Der Personalkostenbereich ist sicherlich sehr hoch, es sind weiterhin Steigerungen zu erwarten. Gut ist, dass die unteren Einkommensschichten überproportional steigen. Wir sind wie gesagt skeptisch, dass im Rahmen der Aufgabenkritik Potentiale zur Personaleinsparung gefunden werden können. Schwabach als kleinste kreisfreie Stadt muss die gleichen Ressourcen und Funktionen bereitstellen wie erheblich größere Kommunen, was uns an den Rand der Leistbarkeit und Finanzierbarkeit bringt.
  • Die vorgesehene Erhöhung der Grundsteuer tragen wir zur Stärkung der Einnahmenseite mit, wenngleich dies für manchen Hausbesitzer und Unternehmer schmerzlich sein dürfte, ebenso die vorgesehene bessere, ertragreichere Bewirtschaftung der öffentlichen Parkflächen.
  • Die ablehnende Haltung der Stadt gegenüber TTIP und CETA wurde vom Stadtrat mit Mehrheit beschlossen. Wir finden das ausgesprochen mutvoll und richtig.

 

Welche Risiken bestehen aus unserer Sicht?

  • Die Haushaltsstruktur zeigt eine hohe Abhängigkeit vom hohen Gewerbe- und Einkommenssteueraufkommen. Allerdings wurden seitens der Verwaltung bereits im Nachgang zur Haushaltsberatung die ESt.- Einnahmen um T€ 200 heruntergesetzt. Offene Flanke für den Haushalt bleibt u.E. die Gewerbesteuer: Es ist nicht abzusehen, wie sich die allgemeine Konjunktur entwickeln wird. Einerseits sind wir nicht von wenigen großen Gewerbesteuerzahlern abhängig, sondern beherbergen eine schöne Mischung an mittelständischen gewerbesteuerpflichtigen Gewerbetreibern. Andererseits dürfte eine auch nur geringfügige Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung zu merklichen Rückgängen bei der GewSt. führen. Insofern ist einer mfr. Stabilisierung bzw. Weiterentwicklung der Gewerbesteuer und damit der weiteren Ansiedlung auch kleiner Gewerbetreibender aus unserer mehrheitlichen Sicht große Bedeutung beizumessen. Wir können nicht soviel mehr sparen, als dass wir Rückgänge der Gew.St. ausgleichen könnten.
  • Risiken liegen u.E. durchaus auch auf der Ausgabenseite: Va. bei der Bezirksumlage besteht Unsicherheit.  

 

Was wir zudem sehen:

  • Im sozialen Wohnungsbau sehen wir eine zunehmende Konkurrenz zwischen prekären Mitbürgern und Asylbewerbern bzw. anerkannten Asylanten. Speziell die Übergangsstation am Vogelherd ist unseres Ermessens nach nicht mehr ausreichend, die Situation v.a. für Frauen und Kinder ist dort untragbar. Hier sehen wir die Stadt kurzfristig in der Verantwortung. 
  • Die GeWo- Bau engagiert sich vorbildlich in diesem Wohnungssegment, doch darf man ihr nicht zuviel an Aufgabenlast zuschieben. An dieser Stelle unser Lob und Anerkennung an die GeWo-Bau für ihr vorbildliches Engagement, das sich aktuell in dem Aufruf „Darfs ein bißchen mehr sein“ zeigt, den die GeWo zusammen mit AWO und Diakonie an Wohnungsbesitzer richtet. 
  • Wir sehen den Ansatz wegweisend, verdichtete Wohnbebauung zu favorisieren, um die Zersiedlung unserer Stadt zu vermeiden.
  • Die freiwilligen Leistungen im Umweltbereich wurden zu unserem großen Bedauern in den letzten Jahren umfangreich zusammengestrichen. Leistungen wie Fledermaus- und Mauerseglergutachten, Freiraumplanung, solidarische Landwirtschaft, Umweltplanung werden nicht mehr erbracht. Wir wünschen uns bei all dem Sparzwang einen sensibleren und aufmerksameren Umgang mit den Umweltthemen. Schließlich war Schwabach vor nicht allzulanger Zeit, unser Alt-OB Herr Reimann wird sich noch gut erinnern, die Modellstadt Ökologie. 

 

Zusammenfassung:

Der Haushalt sowie manches Verwaltungshandeln zeigen u.E. einige dargelegte nennenswerte Schwächen. Insg. steht Schwabach in dem Spannungsfeld, alle Plichtaufgaben und auch noch freiwillige Leistungen für die Bürger aufzubringen, dabei aber teils auf der Ausgaben-, v.a. aber auf der Einnahmenseite strukturell Risiken aufzuweisen, und verzehrt dabei noch investitionsbedingt überproportional Rücklagen. Die strategische Verwaltungssteuerung begrüßen wir, wenngleich hier u.E. wenig Einsparpotential besteht. Wir kritisieren den Trend, dass sich Bund und Länder in Richtung ausgeglichene Haushalte bewegen und dabei die Kommunen alleine lassen. Wie dargestellt stimmt unsere Fraktion mit partiellem Unbehagen und teils grundsätzlicher Kritik dem vorliegenden Haushaltsentwurf in Abwägung zu.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.



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