Interview mit Fraktionschef Klaus Neunhoeffer


SCHWABACH  - Seit der Wahl 2008 sind die Schwabacher Grünen so einflussreich wie nie zuvor. Mit Dr. Roland Oeser stellen sie erstmals einen Bürgermeister und die Fraktion ist auf sechs Stadträtinnen und Stadträte gewachsen. Deren Vorsitzender ist seit 2008 Klaus Neunhoeffer.

Ein Gespräch über grüne Erfolge, grüne Wünsche, das erstaunlich enge Verhältnis zur CSU und die Strategie für die Kommunalwahl 2014:
Herr Neunhoeffer, sind Sie zufrieden mit der Arbeit der Grünen?

Neunhoeffer: Es geht immer noch besser, aber wir sind nicht unzufrieden. Kommunalpolitik funktioniert nicht nach dem „Wer-hat’s-erfunden-Prinzip“. Die Zukunftskonferenz hat wieder gezeigt, welch enorme Bereitschaft es in der Stadt gibt, sich zu engagieren. Wir stehen für eine solch starke bürgerschaftliche Beteiligung, ohne Ergebnisse vorwegzunehmen. Am Beispiel der Diskussion über das Alte DG ist das sehr deutlich geworden. Das hat zu einem vernünftigen Kompromiss geführt.

Eine der wichtigsten Weichenstellungen der vergangenen Jahre war der neue Flächennutzungsplan. Die Stadt braucht neue Gewerbeflächen. Doch alleine die Grünen haben ihn abgelehnt. Stimmt Ihre politische Gewichtung?

Neunhoeffer: Es braucht im Stadtrat eine Stimme für Ökologie. Die anderen Parteien streben ein quantitatives Wachstum auf 42000 Einwohner an. Wir nicht. Durch die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung sehen wir uns auch bestätigt.

Es gab harte Kritik aus Ihren Reihen am Neubau der Lebenshilfewerkstatt in der Berliner Straße und den Niehoff-Umzug nach Schwarzach. Dabei ging es aber auch um wichtige Arbeitsplätze vor Ort.

Neunhoeffer: Wir stehen oft vor der Dilemma-Frage: Naturschutz oder Arbeitsplätze? Es war wichtig, dass die Lebenshilfe-Werkstatt in Schwabach bleibt. Aber man hat zu schnell auf den Standort Berliner Straße gesetzt. Dass die Firma Niehoff in der Stadt geblieben ist, ist trotz aller Naturschutz-Schmerzen ein enormer Stabilitätsfaktor für die Stadt.

Derzeit wird das Jugendzentrum saniert. Es gibt aber unterschiedliche Ideen für die Nutzung. Die SPD betont, dass es wirklich Jugendzentrum bleiben soll, die CSU denkt eher an eine Nutzung auch durch Senioren. Was wollen die Grünen?

Neunhoeffer: Dieses Gebäude ist ein Juwel. Wir wollen sein Potenzial erweitern. Die Richtung ist, die Seniorenarbeit auch im JuZe anzusiedeln. Da kann man sich kreative Aktionen zwischen den Generationen wie etwa Zeitzeugenbefragungen denken.

Ein noch wichtigeres Thema ist der Bau eines neuen Markgrafensaals. Dafür sind drei Standorte im Gespräch: der jetzige, der BayWa-Parkplatz in der Angerstraße und die Bahnhofstraße 6 im Bereich des ehemaligen Finanzamts mit einem Stück des Bergner-Areals. Die SPD schlägt zudem nach wie vor das Alte DG vor, während OB Thürauf und die CSU zur Bahnhofstraße tendieren. Wo wollen die Grünen bauen?

Neunhoeffer: Wir sind klar für die Bahnhofstraße. Völlig offen ist, ob es über den Saal hinaus ein Kongresszentrum mit Hotel geben soll.

Was soll dann mit dem Markgrafenareal geschehen?

Neunhoeffer: Denkbar ist eine Mischnutzung aus Wohnen, Einzelhandel und zum Beispiel Praxen. Wir müssen darüber nachdenken, diese Fläche zu veräußern, um finanziell handlungsfähiger zu werden.

An der Zöllnertorstraße konkretisieren sich offenbar die Pläne für den Goldschlägerhof mit neuem Einzelhandel. Wie stehen die Grünen dazu?

Neunhoeffer: An der Ecke muss sich etwas tun. Das wäre auch eine sinnvolle Ergänzung zur Sanierung des Alten DG.

Das Alte DG, das neue Hallenbad, der Saal: Auf die Stadt kommen riesige Investition zu. Doch viel Geld fließt in steigende Personalausgaben, was die SPD Thürauf vorhält. Teilen Sie diesen Vorwurf?

Neunhoeffer: Nein. Gemessen am Durchschnitt der kreisfreien Städte liegen wir rund ein Drittel darunter.

Besonders kritisiert die SPD die zusätzliche Stelle des neuen Personalreferenten, die OB Thürauf auch mit Ihrer Unterstützung durchgesetzt hat. Ist die wirklich nötig?

Neunhoeffer: Ja. Mit der „Talentoffensive 2022“ hat Herr Klingenberg schon einen ersten strategischen Ansatz vorgelegt. Heuer muss er weitere Initiativen ergreifen.

Neu ins Amt kam 2008 auch Dr. Roland Oeser als Schwabachs erster grüner Bürgermeister. Hat er die Erwartungen erfüllt?

Neunhoeffer: Er erfüllt das Amt des Bürgermeisters geradezu idealtypisch: loyal, voller Hingabe, rund um die Uhr im Einsatz und erfolgreich. Und das im Ehrenamt.

Aber für eine erhöhte Aufwandsentschädigung, was die SPD kritisiert.

Neunhoeffer: Jetzt mal weg mit den Legenden. Wir reden über 1500 Euro, die zu versteuern sind. Er hat seine Stundenzahl in der Schulleitung des AKG verringert, um das Amt so ausüben zu können. Er hat also finanzielle Einschnitte hingenommen.

Oeser arbeitet eng mit Thürauf zusammen. Er stimmt ja zuweilen auch gegen die eigene Fraktion. Ist er zu nahe an der CSU?

Neunhoeffer: Dieser Vorwurf wäre unseriös. Er ist kein Synchronschwimmer neben dem Oberbürgermeister. Ich erinnere nur an die Meinungsverschiedenheit um die geplante Beteiligung am Kohlekraftwerk Lubmin.

Sind Sie denn mit dem CSU-OB ähnlich zufrieden?

Neunhoeffer: Wir sehen seine Stärken, die ganz klar im analytisch-strategischen Bereich liegen.

Und Thüraufs Schwächen?

Neunhoeffer: Das ist eine typische Journalistenfrage, dass nach den Stärken sofort nach Schwächen gesucht wird.

Hat er denn keine nennenswerten, oder wollen Sie ihn nur nicht öffentlich kritisieren?

Neunhoeffer: Er weiß selbst am besten, wie er an sich arbeiten muss. Da ist er klug genug. Aber wenn Sie schon etwas hören wollen: Ich würde mir manchmal etwas mehr kulturelle Aufgeschlossenheit wünschen.

Wollen Sie, dass Thürauf Oberbürgermeister bleibt?

Neunhoeffer: Wir haben 2008 keine Wahlempfehlung gegeben. Und auch diesmal muss er schon alleine gewinnen. Ich würde mich freuen, wenn der grüne OB-Kandidat oder die Kandidatin ihn in die Stichwahl zwingt.

Roland Oeser darf ja wegen der gesetzlichen Altersgrenze zwar Bürgermeister, aber nicht Oberbürgermeister sein. Werden Sie als Fraktionschef gegen Thürauf antreten?

Neunhoeffer: Nein. Ich habe erst im August eines der schönsten Ämter angetreten, die ich mir denken kann: als Schulleiter des Gymnasiums in Hersbruck. Daneben passt keine Kandidatur. Wer antritt, ist noch völlig offen. Ich kandidiere wieder als Stadtrat.

Sie nominieren einen Gegenkandidaten, obwohl Sie mit Thürauf und der CSU doch eng zusammenarbeiten. Ist das nicht reines Schaulaufen?

Neunhoeffer: Wir sind eine eigenständige Kraft. Es gibt keine Koalition und keine Abhängigkeit. Mit der CSU können wir Mehrheiten erzielen, mit der SPD nicht. Das ist eine arithmetische Frage. Wir arbeiten mit der CSU genauso eng zusammen wie mit den anderen Gruppierungen im Stadtrat.

Aber mit der SPD gibt es doch offen ausgetragene Konflikte wie Ihren Disput mit Hartwig Reimann über den politischen Stil der Stadtratsarbeit.

Neunhoeffer: Ich hatte keinen Streit. Das war eher eine Art Abrechnung von Reimann mit mir.

Der zeigt, wie tief die Gräben zwischen SPD und Grünen in Schwabach sind.

Neunhoeffer: Es gibt keine Gräben. Aber ich sage auch: Wir sind nicht die entlaufene Jugendorganisation der SPD.

Interview: Günther Wilhelm

© SCHWABACHER TAGBLATT

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