Haushaltsrede 2011

Lassen Sie es mich das „Kommunalpolitische Dilemma“ nennen.
Aufgabenfelder zwischen gesetzlichen Vorgaben und freiwilligen Leistungen zu gestalten – das ist die Idee einer verantwortungsvollen, auf die Erfordernisse – in diesem konkreten Beispiel - unserer Stadt Schwabach zugeschnittenen Kommunalpolitik. Im Diskurs mit den verschiedenen politischen Kräften und vor allem mit der Bürgerschaft die Stadt für die Gegenwart lebenswert und für die Zukunft handlungsfähig zu entwickeln, das ist unsere Motivation für kommunalpolitisches Engagement.
Die Rahmenbedingungen, v.a. die ökonomische und die politische Entwicklung in unserem Land, zeigen uns jedoch ein anderes Bild: Rückgang von kommunalen Einnahmen und Erhöhung von verpflichtenden Ausgaben in der Kommune. Dies muss an dieser Stelle nicht im einzelnen ausgeführt werden und der Herr Kämmerer hat dies in seinen Ausführungen bereits sehr deutlich gemacht.
Eigene Gestaltungsräume durch externe Faktoren eingeschränkt – das ist dieses Dilemma!
In den Städten kommen wirtschafts- und finanzpolitische Prozesse mit Verzögerung an. Während die Auftragsbücher mancher Unternehmen sich wieder füllen und wir auch in Schwabach diese Beobachtung machen können, während die Wirtschaftsseiten der Zeitungen die Finanzkrise für überwunden erklären und an den Börsen bereits wieder fleißig spekuliert wird, Boni fließen als wäre nie etwas gewesen, kommt die Finanzkrise nun mit Wucht in den Kommunen an. Während bei der Aufarbeitung der Vorgänge um die Bayerische Landesbank eben mal

Milliardensummen von den Steuerzahlern ausgeglichen werden, diskutieren wir auf kommunaler Ebene über die Zukunft von Projekten im Tausend-Euro-Bereich.
Wir möchten der Stimme der Kommunalpolitik mehr Gehör verschaffen – auf allen politischen Ebenen. Herr Oberbürgermeister! Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten im Rahmen der Gremien der kommunalen Selbstverwaltung – der Bayerische und der Deutsche Städtetag sind Plattformen! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen! Weisen Sie Ihre MandatsträgerInnen auf Landes- und Bundesebene bei jeder Gelegenheit auf dieses kommunalpolitische Dilemma hin.
An dieser Stelle sei mir ein Zitat erlaubt, transparent gekennzeichnet und völlig ohne Fußnote: „Die Vorschläge der Kommunen liegen seit langem auf dem Tisch: Entlastung bei den Sozialausgaben und weitere Stabilisierung der Gewerbesteuer. Die zahlreichen Leistungen der Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht unter die Räder kommen. Unser Land braucht handlungsfähige Städte!“, sagt die derzeitige Präsidentin des Deutschen Städtetages Petra Roth.
Unter den vorher beschriebenen Bedingungen fanden im Januar im Hauptausschuss nichtöffentlich die Vorberatungen zum kommunalen Haushalt 2011 statt.
Herr Oberbürgermeister, Herr Kämmerer! Wir möchten wieder zurückkehren zur Schwabacher Tradition der Haushaltsberatungen im Oktober, zur Verabschiedung des Haushalts im Dezember, damit wir im Verlauf des Kalenderjahres recht bald einen genehmigten Haushalt vorliegen haben.
Die doppische Darstellung des Haushaltes wird uns geläufiger. Die anfängliche freundliche Zurückhaltung diesem System gegenüber hat sich nicht geändert. Freundlich bleibt der Blick auf die in diesem System dargestellten Folgekosten kommunaler Investitionen und auf die Feststellung, ob eine Stadt aus ihrer Substanz heraus lebt oder ob sie ihre Investitionen erwirtschaften kann. Damit sehen wir mehr als ein isoliertes Haushaltsjahr und unsere Entscheidungen werden stärker an der Zukunft orientiert als vielleicht unter der kameralistischen Betrachtung. Wir sehen in diesem Haushalt das Abschmelzen unserer Rücklagen und den voranschreitenden Wertverzehr. So leben wir auch im Haushaltsjahr 2011 in Teilen auf Kosten vergangener Vorsorge. Mehr noch leben wir aber auf Kosten zukünftiger Generationen – nicht nur mit Blick auf die Kreditaufnahmen. Zurückhaltung bleibt jedoch, weil Details von Projekten in der Darstellung der Teilhaushalte für uns nicht so mehr sichtbar sind, wie wir uns das wünschen; und so bleibt die Freude über die nachhaltige Betrachtung getrübt. Wir sehen nicht, dass die Standardisierung der einzelnen Positionen in den einzelnen Haushalten zur Transparenz und nachhaltigen Betrachtung beiträgt. D.h. wir werden im kommenden Jahr noch stärker – die Haushaltsprognosen für den kommenden Haushalt erfordern diese – einen politischen Schwerpunkt auf die Begleitung und haushaltsmäßige Umsetzung einzelner Projekte legen müssen.
Welche Aufgabenfelder ergeben sich aus der Haushaltslage für das laufende Jahr?
Es ist erfreulich, dass wir im Konsens die Überprüfung einiger Aufgaben angehen wollen – ergebnisoffen, aber eben fundiert:
die Zukunft des Hallenbades im jetzigen Zustand; sollen hier aufwendige Brandschutzmaßnahmen  durchgeführt werden? (Kein Scherz: Brandschutz im Hallenbad) Sind Investitionen für ein Hallenbad an diesem Standort in der bestehenden Gebäudehülle zukunftsfähig? Darauf müssen wir im Lauf dieses Jahres eine Antwort finden.
Die Gebührenfreiheit für 90 Minuten Parken in der Tiefgarage unter dem Marktplatz. Ist sie uns zur Belebung der Innenstadt ein auflaufendes Defizit wert? Darauf müssen wir im Lauf dieses Jahres eine Antwort finden.
Antworten haben wir gefunden bei der Frage der Erhöhung der Grundsteuer. Wir halten diese für vertretbar und für einen Beitrag zur gemeinsamen Bewältigung unserer kommunalen Aufgaben.
Die sich bereits entwickelnde Neustrukturierung zu einem städtischen Gebäudemanagement ist ein Beitrag zu zukunftsorientierter Organisation mit deutlichem Einsparpotential. Wir gehen davon aus und werden darauf achten, dass Klimaschutz und Energieeffizienz eine Hauptrolle in diesem Zusammenhang spielen.
Mit dem städtischen Haushalt stimmen wir heute über etwa die Hälfte des finanziellen Engagements der Stadt Schwabach ab. In fast gleicher Höhe ergeben sich Beteiligungen an den städtischen „Töchtern“. Und wie Mütter eben so sind, auf unsere Töchter sind wir schon stolz. V.a. dass sie nach wie vor unsere Töchter sind und damit in öffentlicher Verantwortung agieren, findet unsere Unterstützung. Von der Gewo-Bau bis zum Krankenhaus sind wir in wichtigen Feldern aktiv. Dass die eine Tochter sich im vergangenen Jahr von einem fossilen Verhältnis getrennt hat , will uns schon gefallen. Recht erfreut sehen wir, dass sich die Stadtwerke in Bewegung befinden und zu erkennen begonnen haben , dass städtische Energieversorgung und Energiepolitik in Zukunft regenerativ ausgerichtet sein müssen. Aus ökologischen Gründen sowieso – aber auch der Aspekt der regionalen Wertschöpfung, also ökonomische Gründe sprechen für diesen Weg. Weiter so! Dass uns diese Entwicklung zu langsam geht und darauf immer hinzuweisen, gehört zu unserem politischen Profil und wir sehen es als eine unserer Kernaufgaben.
Nichts ist alternativlos! Demokratische Politik lebt von der Suche nach Alternativen, unser politische Ansatz sucht dabei realisierbare Alternativen in konkreten Problemstellungen.
Nichts ist folgenlos. Gerade bei der Möglichkeit, an staatlichen Förderprogrammen zu partizipieren, ist mehr als der Blick auf Fördersummen oder Prozentzahlen nötig, die einem gerne das Auge für die dann bei der Kommune lastenden Eigenbeteiligung und noch viel mehr für die Folgekosten trüben. Das Stichwort „Mehrgenerationenhaus“ muss nicht weiter ausgeführt werden. Und auch an manche Segnung aus dem Programm „Soziale Stadt“ kann hier gedacht werden.
Um Alternativen haben wir in nichtöffentlicher Vorberatung gerungen in der Frage der Beantragung von Fördermitteln aus dem Projekt Soziale Stadt für Planung und Realisierung eines Parks im Stadtteil Vogelherd und einer in diesem Projekt inbegriffenen Sozialpädagogenstelle.
Aus den Alternativen:

  • Antrag mit Folgekosten für insgesamt 3 Jahre mit einem städtischen Eigenbetrag von ca. 130.000 € mit Unsicherheit der Bewilligung des Antrags (vielen Dank an dieser Stelle an die Bundespolitik und die schwarz-gelbe Koalition für die Kürzung der Fördermittel) oder
  • Verzicht auf die Beantragung mit entsprechend weniger Belastung für den städtischen Haushalt haben wir den „dritten Weg“ vorgeschlagen:
  • Entkoppelung der Themen und städtische Verpflichtung für die Kostenübernahme mindestens einer halben Sozialpädagogenstelle (ohne Unsicherheit der Bewilligung eines Projektantrags und ohne Folgekosten der Parkentwicklung)

Diesen Weg war die Mehrheit des Hauses bereit mitzugehen – und wenn man sich umhört, gibt es Entwicklungen den Anteil  zu erhöhen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD: es ist legitim, Themen zuzuspitzen und auch zu vereinfachen. Die Grenze zum kurzlebigen Populismus muss dabei jede politische Kraft selbst definieren.
Allerdings: Aus nichtöffentlichen Beratungen Themen, die in großen Teilen Konsens im gesamten Gremium gefunden haben (Stichwort: Jugendzentrum, Stichwort Sozialpädagogik im Vogelherd) um der schnellen Schlagzeile willen herauszugreifen und dies als Alleinstellungsmerkmal der eigenen Partei zu definieren, stellt eine Veränderung der politischen Kultur im Schwabacher Stadtrat dar. Dies ist einer kooperativen Zusammenarbeit zum Wohl der Stadt nicht eben förderlich.
Die Stadt Schwabach behält sich trotz aller vorher beschriebenen Hindernisse einen Teil ihrer kommunalpolitischen Handlungsfreiheit, indem sie insbesondere im Bereich Bildung investiert. Auf die Projekte muss nicht im einzelnen eingegangen werden, sie wurden genannt. Ob sich der Wunsch nach der Realisierung der Dreifachsporthalle so reibungslos wird realisieren lassen, wird das Jahr 2011 zeigen. Dass wir dem Verwaltungsvorschlag erst gehörig auf die Füße treten mussten, bis die Planung im vorgegebenen Finanzrahmen angekommen war, zeigte unsere gemeinsame Aufmerksamkeit an dieser Stelle.
Wenn ich mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Haushaltsrede aus dem vergangenen Jahr ansehe, könnte ich mich ausführlich und ganz transparent zitieren – mit Ausführungen über die Themen Ökologie, Demographie, Demokratie.
Einen Begriff allerdings nehme ich zurück! Ich bezeichnete im vergangenen Jahr den Haushalt als „leider alternativlos“; damit habe ich ein zurecht gescholtenes Unwort gebraucht. Nichts ist alternativlos!
Die vereinbarte Selbstbeschränkung der Redezeit ist ein rhetorischer Einsparungsbeitrag im Rahmen dieser Haushaltsdebatte und verbietet Ausführungen zu den genannten Themen.
Wir danken Herrn Stadtkämmerer Schwager und seinen Mitarbeitern in der Stadtkämmerei. Mit Ihren realitätsbezogenen Ansätzen haben Sie uns den Weg gezeigt, auf dem wir am Ende zu diesem Ergebnis gekommen sind. Vielen Dank für Ihre Arbeit!
Dieser Haushalt ist keiner, dem wir mit Freude zustimmen. Wir haben jedoch keine Gründe, ihn abzulehnen.

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