Gedanken zur Leitkultur

Zwar tut sich die Bundesregierung hart, ihre Prognose zu korrigieren, doch es dürften in 2015 deutlich mehr als die offiziellen 800.000 Flüchtlinge werden. Dieser ungebremst scheinende Flüchtlingsstrom, so die Schwabacher CSU, mache den Menschen Angst, sie schlägt als Lösung Abschottung und Obergrenzen vor. Diese Ängste und Sorgen würde nur die CSU ernst- und wahrnehmen. Und: Das Mittel der Wahl zur Integration der Immigranten soll die Vermittlung einer sogenannten "deutschen Leitkultur" sein.

Diese Ängste und Sorgen nehmen derzeit sicherlich nicht nur Politiker der CSU ernst und wahr. Jeder politisch verantwortliche und einigermaßen sensible Mensch in Deutschland erfährt, dass es Stimmen gibt, die die Haltung der CDU- Kanzlerin "wir schaffen das"kritisch hinterfragen. "Man erfährt allerdings auch, dass in der Zivilgesellschaft Deutschlands nun nicht nur diese lähmende Angst herrscht, sondern vielmehr sehr viel Engagement und Freude im Umgang mit Flüchtlingen. Es lebt bei sehr vielen Menschen nach wie vor eine Hilfsbereitschaft und Willkommenskultur, die in Europa außer Schweden ihresgleichen sucht. Dafür kann man nur dankbar sein. Das zeichnet ein neues, ein schönes Bild von Deutschland in der Welt. Das sollte eine "christlich- soziale" Partei heraustellen und nicht nur in einem Nebensatz anklingen lassen," führte Bürgermeister Dr. Roland Oeser aus.

Warum so sehr der Fokus auf die Angst seitens der CSU? "Natürlich geht es der CSU bei dem Spiel mit der Angst vordergründig darum, das an die AfD etc. verlorene Terrain wieder gut zu machen," so Grünen-Stadtrat Eckhard Göll: "Angst kann auf der einen Seite ein gesunder Ratgeber sein, Angst warnt vor Argem. Problematisch wird Angst allerdings, wenn sie sich verallgemeinert, generalisiert, wenn die Angst vor Fremden überhand nimmt und den Blick auf das versperrt, was die gesunde Reaktion auf die Angst ist: Nach vorne blicken, sich überlegen, wie man am besten konstruktiv und lösungsorientiert, menschlich in der Situation vorgeht. Nur: Die CSU reagiert reflexhaft mit Abschottung, Obergrenzen, gar mit einer Forderung nach "deutscher Leitkultur", ohne diesen Begriff inhaltlich positiv, angsbefreiend zu füllen. Damit schürt die Angst neue Angst, als Lösung wird das Trennende herausgehoben, das Verbindende unterbleibt. Aus dieser Angst, dieser Sehnsucht nach vermeintlich erlösender Abschottung, erwächst dann das Wesen von der "deutschen Leitkultur".

Der Vorstand der Grünen, Bernhard Spachmüller, nahm eine differenzierende Position ein: "Aus unserer Sicht kann nicht reflexhafte Angst vor Fremden die Lösung sein, sondern Offenheit und Mut, sich der neuen Situation zu stellen und hierbei die humanistischen Werte, auf denen unsere Gesellschaft basiert, ernst zu nehmen. Wir stehen für Annäherung, Begegnung und neugieriges Kennenlernen statt Ausgrenzung, Abschottung und Sorge. Wir stehen für eine kulturelle Vielfalt auf dem Boden des Grundgesetzes statt einer Ein- Ethnisierung der Flüchtlinge. Wir stehen für ein lebendiges und integratives Miteinander statt isolierender, abgrenzender Parallelgesellschaften. Wir stehen, wie dies kürzlich der Grüne Parteivorsitzende Cem Özdemir sinngemäß ausgedrückt hat, dafür, dass sich auch der Islam bzw. die dieser Religion angehörigen Mitbürger auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen: Gleichheit von Mann und Frau muss von unseren neuen Mitbürgern genauso anerkannt werden wie die Tatsache, dass Deutschland ein säkularisiertes Land ist und das Gewaltmonopol auf seiten des Staates liegt."

"Leitkultur, wie die CSU den Begriff verwendet und meint, spaltet, grenzt aus," führte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Klaus Neunhoeffer, aus: "Eine Kultur im oben beschriebenen Sinne hingegen ist die Basis für das Zusammenleben der Menschen in einer Gesellschaft, für den Zusammenhalt in einer Stadt. Eine solche Kultur gibt der Gesellschaft ein Gesicht. Daher ist ein buntes, auch von verschiedenen Ethnien getragenes Kulturleben in einer Stadt eine wesentlicher Wert an sich. In diesen Tagen kann es nicht laut genug ausgesprochen werden: Die Akzeptanz, Neugier und Freude an bunter Kultur schützen vor dumpfer Einfältigkeit, sie sind die beste Vorbeugung gegen Bedrohungen und gegen die Rohheit des Rechtsextremismus. "Deutsche Leitkultur" engt ein, echte Kultur hingegen macht die Arme breit."

Der Kreisverband der Grünen lädt zu einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe zum Thema "Kriege im Orient - Weit weg oder doch ganz nah?" In der ersten Veranstaltung am 3.12. berichtet Andreas Stanek vom Verein Orienthelfer e.V., die dafür arbeiten, dass die Menschen vor Ort bleiben können. Es ergeht ein Aufruf, für diese Organisation zu spenden, um damit den Kriegsflüchtlingen in den Lagern rund um Syrien ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen.

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