Der "Vater des EEG", Hans-Josef Fell, zu Gast in Schwabach

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SCHWABACH – Mitten im Gespräch mit Bürgermeister Roland Oeser und Grünen-Vorstandsmitglied Andreas Hammerbacher meldet sich das Handy. „Altmaier will Ausbau der erneuerbaren Energien begrenzen“, liest Hans-Josef Fell die Tickermeldung vor.  Das lässt den Sprecher für Energiepolitik der Grünen im Deutschen Bundestag nicht ruhen. Er holt das Laptop aus der Tasche. Umgehend schreibt er eine eigene Pressemitteilung. „Der Umweltminister schützt damit die wahren Strompreistreiber:“, ist Fell überzeugt, „die Konzerngewinne und die von der Umlage befreite Wirtschaft.“

Hans-Josef Fell wird begrüßt als „Vater des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG) und bringt auch noch eine hohe Auszeichnung mit. Er ist aus München für eine Veranstaltung der Grünen zum Stand der Energiewende nach Schwabach gekommen. In der Landeshauptstadt hat ihm Ministerpräsident Horst Seehofer noch wenige Stunden zuvor den Bayerischen Verdienstorden verliehen. Das hindert ihn allerdings nicht daran, heftige Kritik zu üben. „Preistreiber sind nicht die erneuerbaren Energien, sondern gezielte Gesetze und Fehler der schwarz-gelben Koalition“, sagt Fell. Seiner Darstellung zufolge sind ausschließlich sie es, die den Öko-Zuschlag auf den Strompreis erhöhen.

Ein Thema war in Sachen Energiepolitik jüngst so gut wie jeden Tag in der Diskussion: Die Anhebung der Umlage für eingespeisten Strom aus Windkraft und Sonnenlicht von 3,5 auf 5,3 Cent. Fell nennt dieses Presseecho eine „Kampagne der Konzerne“. Denn seiner Meinung nach führt insbesondere die „uferlose Befreiung von immer mehr Unternehmenszweigen von der Umlage“ zu diesem Anstieg. Bürgerinnen und Bürger müssen deshalb mehrere Milliarden zusätzlich über die Stromrechnung bezahlen.

Fell zählt noch weitere „Fehlleistungen der Bundesregierung“ auf. Sie lenke beispielsweise Teile des ökologischen Stroms an die Leipziger Energiebörse, was zu sinkenden Preisen führe. Dort könnten aber ausschließlich einige Großindustrien einkaufen, die dann zweifach profitierten: Von den geringeren Einkaufskosten und der Umlagebefreiung. Als eine Maßnahme, die besonderes absurde Folgen habe, bezeichnete Fell die Befreiung der Eigenstromerzeugung von der EEG-Umlage. Das habe im Saarland dazu geführt, dass ein Unternehmen ein altes Kohlekraftwerk reaktiviert habe. Je mehr Strom dort mit hohen Kohlendioxidemissionen produziert werde, desto weniger zahle der Betrieb in den Umlagetopf ein.

Mit Hans-Jürgen Fell war innerhalb weniger Tage der zweite Fachmann für regenerative Energieerzeugung in Schwabach zu Gast. Ebenso wie Prof. Dr Jürgen Karl vom Erlanger Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik sieht Fell ausschließlich im Ausbau der erneuerbaren Energien die richtige Entscheidung für die Zukunft. „Wenn das Wachstum so weitergeht wie in den vergangenen anderthalb Jahren, dann haben wir 2018 50 Prozent des erzeugten Stroms erreicht“, rechnet der Würzburger Bundestagsabgeordnete vor. Die Notwendigkeit kohlendioxidfreier Energieerzeugung belegt er mit Fotos, die das rasant schmilzende Polareis dokumentieren. Zusätzlich deutet er einen Zusammenhang der EU-Staatsschuldenkrise mit den hohen Import-Kosten für Öl und Gas an. „27 EU-Staaten geben jährlich 400 Milliarden Euro dafür aus, was zu einem Außenhandelsdefizit von 120 Milliarden führt“, so Fell.

Mittelfristig müsse deshalb das schwankende Angebot von Windkraft und Solarstrom durch schnell zu- und abschaltbare Kraftwerke ergänzt werden, wirft Fell einen Blick in die Energiezukunft Europas. Biogas, Wasserkraft, Geothermie und der Speicherausbau seien hier die richtigen Alternativen, zählt Fell auf. Insbesondere im nahegelegenen Main-Donau-Kanal sieht er in Sachen Speicherkapazität Möglichkeiten. „Dort existieren bereits Staustufen und Pumpen“, begründet er seine Meinung. Ferner fordert Fell, sich von der Sichtweise einer stets benötigten Grundlast zu verabschieden. „Wir haben zu jeder Zeit eine bestimmte Stromnachfrage, deshalb muss man die Stromerzeugung so organisieren, dass diese Nachfrage rund um die Uhr jeweils zur Verfügung steht.“

Text und Foto: ROBERT SCHMITT

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