16. Kulturmeter an Ortung

SCHWABACH  - Ein Kulturmeter für „Ortung“, ein Sondermeter für Eugen Schöler und eine 30-jährige Parteimitgliedschaft. Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen feierte eine bunte Preisverleihung im Bürgerhaus.

Was 1995 mit einer schlaflosen Nacht im Kommunalwahlkampf der Schwabacher Grünen begann, hat mittlerweile Tradition und gehört zum Schwabacher Kulturkalender einfach dazu: die Verleihung des Kulturmeters an Schwabacher Künstler und Kulturschaffende mit überregionaler Bedeutung. Zur mittlerweile 16. Preisverleihung lud der Kreisverband ins Bürgerhaus. Dort begrüßte Bernhard Spachmüller aus dem Vorstand im Namen des Kreisverbandes die Gäste, darunter auch einige frühere Preisträger. Durch den Abend führte Stadtrat Klaus Neunhoeffer in gewohnt souveräner und unterhaltsamer Weise.

Dass das Organisationsteam einen guten Job gemacht hatte, wurde im Verlauf des Abends klar. Bei der Wahl der musikalischen Umrahmung traf es ins Schwarze. Die Eigenkompositionen der jungen Newcomer-Band „A Tale of Golden Keys“ wussten das Publikum zu begeistern.

Der eigentliche Anlass des Abends, die Verleihung des Kulturmeters, überraschte zunächst mit einem Laudator, der in Schwabach eher für seine Tätigkeit als Finanz- und Wirtschaftsexperte bekannt ist denn für Kunst und Kultur. So leitete Stadtkämmerer Richard Schwager auch mit Selbstironie in die Laudatio ein und witzelte, er würde in verwunderte, erstaunte und sogar schockierte Gesichter blicken. Andersrum, so Schwager, habe er schon des Öfteren festgestellt, dass Kulturschaffende viel Ahnung vom Geld hätten.
Schwager bewies während seiner Rede, dass er zu Recht ausgewählt worden war. Zunächst zeigte er auf, dass die Grünen ein feines Händchen für die Preisträger bewiesen hätten und stellte die Preisträger des Kulturmeters 2011 vor.

Der Preis ging an „Ortung“, das Kunstevent, das alle zwei Jahre tausende Besucher in die Schwabacher Altstadt zieht. Initiiert hatten Ortung seinerzeit die ehemalige Stadträtin Margot Feser, Kulturamtsleiter Roland Schmid sowie die Künstler Manfred Hürlimann und Clemens Heinl. Neben dem Preis in Form einer Holz-und Glasskulptur gab es 1000 Euro Preisgeld, die der nächsten Ortung zu Gute kommt.

Im Namen der Preisträger bedankte sich Kulturamtsleiter Roland Schmid. „Es gibt kein Kulturprojekt, für das es so viel Zuspruch gibt wie für Ortung – und zwar auch aus ganz Deutschland“, so der Kulturamtsleiter. Er zeigte anhand aktueller Zahlen, wie wichtig die Sponsoren für Ortung seien, die mehr als die Hälfte der Kosten tragen und würdigte ebenfalls die Leistung engagierter Bürger, ohne deren zutun Ortung ebenso nicht machbar wäre.

kulturmeter2011Das Ortungs-Preisgericht darf sich nun selbst über einen Preis freuen (v.li.): Roland Schmid, Manfred Hürlimann, Margot Feser und Clemens Heinl mit dem von den Bündnisgrünen verliehenen „Kulturmeter“.

Die „Schnitzerneggl“ zeigten als Vorjahrespreisträger ein 15-minütiges Best-Of ihrer Sketche im Ungarn-Deutschen Nemetker-Dialekt. Ihre Paraderolle „3 stark alte Männer“, spielen sie seit 18 Jahren – „von Jahr zu Jahr authentischer“, wie sie sagten.

Zusätzlich zum Kulturmeter vergeben die Grünen seit 1998 den undotierten Sondermeter für besonders hervorzuhebende Lebensleistungen. „Er hat Kultur und verbreitet Kultur“, sagte Laudator Tassilo Freiherr von Falkenhausen, der den Preisträger Eugen Schöler schon seit fast 40 Jahren kennt. Als Herausgeber des Stadtlexikons und bekannter Heraldik-Experte hat sich der ehemalige Konrektor der Schwabacher Realschule national und international in vielen Bereichen verdient gemacht. Schöler, seit 2007 auch Träger des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse, sah die Auszeichnung für sein Lebenswerk als Ehre und Bestätigung – auch darin, weiterzumachen.

sondermeter2011
Laudator Tassilo Freiherr von Falkenhausen (li.), der Sondermeter-Preisträger Eugen Schöler und der Moderator des Abends, Stadtrat Klaus Neunhoeffer.

Letzte Ehrung: Ralf Gabriel wurde für 30 Jahre Mitgliedschaft bei den Grünen geehrt. Er engagierte sich schon für die (damaligen) Alternativen, noch ehe es überhaupt einen Kreisverband in Schwabach gab und saß als einer der ersten seiner Partei im Schwabacher Stadtrat.

© Text und Fotos: Birgit Freller - SCHWABACHER TAGBLATT

__________________________________________________

Auzüge aus der Rede von Klaus Neunhoeffer:

Die Geburtsstunde des Kulturmeters reicht in eine schlaflose Nacht vom November 1995 zurück. Für den Kommunalwahlkampf 1996 stellte der Kreisverband der Schwabacher Grünen einen Kalender zusammen. Die November-Seite war noch auszufüllen.

Das Thema Kultur war zu besetzen. Warum nicht einen Kulturpreis ausloben?
Etwas ironisch war der Bezug auf die Nürnberger Kultur-Meile, die damals eher schleppend und virtuell voranging. Auch der Bezug auf das Schwabacher Kulturleben war milde ironisch. Das Datum der Verleihung sollte immer der 11.11. sein; als Ort der Preisverleihung – an eine Abendveranstaltung war damals noch nicht gedacht, sondern an 11 Uhr und ein paar Minuten -  war der Goldschlägerbrunnen vorgesehen.

Dann aber ging es zügig voran.

Clemens Heinl, der erster Preisträger 1996, bekam als Trophäe einen goldbesprühten Meterstab auf grünem Filz überreicht – zur Mittagsstunde im Foyer der Stadtbibliothek.

Die Resonanz war positiv. Die Fortsetzung der Idee war nicht aufzuhalten. Die Grünen stifteten einen mit damals 1000,- DM dotieren Kulturpreis für ein künstlerisch-kulturelles Werk mit Bezug auf Schwabach aber mit Wirkung darüber hinaus.

Neben der Preisverleihung stand als zweite Überlegung immer auch die Kommunikation zwischen den Künstlern. Alle bisherigen Preisträger sollten zusammen mit Vertretern des Kreisverbandes der Partei die Jury bilden, im Konsens einen neuen Preisträger finden und an der Gestaltung der Veranstaltung im Folgejahr beteiligt sein.

Das ist bisher immer gelungen. Und jedes Jahr wurde der Kreis der Preisträger und damit der Jurymitglieder größer.
15 bisher - heute kommt der 16te hinzu.

Alle Preisträger stehen für Qualität in ihrer Kunst oder für Perspektive in ihrem Schaffen. Die Wirkung jeweils geht über Kurzfristiges hinaus. Und  auch über die Stadtgrenzen. Und das wird gewürdigt.

In einer Abendveranstaltung. An jährlich wechselnden Orten in der Stadt.
Anschaulich zeigen sich damit Facetten des Schwabacher Kulturlebens.
Darf ich es allgemein - politisch sagen?: Kultur ist nicht allein das Sahnehäubchen für ein paar unbeschwerte Stunden, das wäre nur Ablenkung, das wäre ökonomische Funktionalität. Auch die Rede vom sogenannten „weichen Standortfaktor“ trifft nicht ganz.

Kultur ist Basis für das Zusammenleben der Menschen in einer Gesellschaft - für den Zusammenhalt in einer Stadt! Kultur gibt einer Gesellschaft ein Gesicht. Daher ist ein buntes Kulturleben in einer Stadt immer auch eine Ansage. In diesen Tagen kann es nicht laut genug ausgesprochen werden: die Akzeptanz, die Neugier und die Freude an bunter Kultur schützen vor dumpfer Einfältigkeit, sie sind die beste Vorbeugung gegen die Bedrohungen und gegen die Rohheit des Rechtsextremismus!

Deshalb ist kommunale Kulturpolitik in diesem Sinne auch keine freiwillige Aufgabe einer Stadt, sie ist eine der wichtigsten Pflichtaufgaben!
Heute bekommen wir musikalische Unterstützung von einer jungen Schwabacher Band, die im vergangenen Jahr außerhalb dieser Stadt Preise gewonnen hat - und auf sich aufmerksam gemacht hat in der gesamten Region.

Aus vielleicht verständlichen Gründen möchte ich mich in diesem speziellen Fall hinter ein Zitat zurückziehen.
Erlanger Nachrichten vom 4.11.2011:
„Obwohl nur zu dritt, bringen sie doch einen kompakten, druckvollen Sound auf die Bühne, der — und das ist heutzutage ein Kunststück! — nicht klingt wie tausendmal gehört. Endlich eine Band, die verstanden hat, wie man Dynamik einsetzt, die nicht einfach drauflosprügelt, sondern ihre harten, lärmigen Parts so geschickt gegen die sensibleren Momente lehnt, dass man stets die Angst hat etwas zu verpassen, wenn man nur zwei Sekunden abdriftet.  Darüber hinaus: Tolles Songwriting, tightes Zusammenspiel, starke Bühnenpräsenz ohne Posen und ein Sänger, der fließend zwischen Piano und Gitarre wechselt und es versteht, auch hinter den Worten Raum für Assoziationen zu schaffen. Groß!“ Hier sind Jonas Hauselt, Florian Dziajlo und Hannes Neunhoeffer, hier sind „A tale of golden keys“.

Kommen wir nun zur Sache selbst: Preisverleihung Kulturmeter 2011.

Die Jury im Sommer hat sich recht schnell - und einvernehmlich wie immer auf einen Vorschlag geeinigt: Ortung.

Der Preis selbst hat im vergangenen Jahr eine Erweiterung erfahren. Eine Meter-Skulptur aus Holz und Glas, in die die Namen aller bisherigen Preisträger eingraviert sind. Und: die Dotierung; die liegt bei 1.000,- €.
Wer soll, nein: wer kann Ortung in seiner Entwicklung seit 1999 beschreiben, wer hat nahe dran und doch distanziert genug den Überblick und kann gleichzeitig dem Publikum noch erklären, wie es dazu kommt, dass nun gleich mit Margot Feser, Clemens Heinl, Manfred Hürlimann und Roland Schmid vier Personen auf der Bühne den Preis entgegennehmen?

Es ist jemand, der großes - im vorhin genannten Zusammenhang - kulturelles Verständnis hat, das er auch in seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder aufblitzen lässt. Nach außen wird er eher wahrgenommen als Mann der Zahlen, der Finanz- und Wirtschaftspolitik, der als geradliniger Verhandlungsführer im Interesse der Stadt Schwabach auftritt - und der im kommenden Jahr aus einem langen Berufsleben ausscheidet:
Ortung erklärt uns heute Abend: Richard Schwager, der Schwabacher Finanz- und Wirtschaftsreferent.

(...)
1998 versuchen wir in unregelmäßigen Abständen mit dem sogenannten „Sondermeter“ ein kulturelles Lebenswerk in Bezug zu Schwabach zu würdigen. Undotiert und symbolisch.

Die Liste der Gewürdigten ist lang – und sie zeigt, dass in Schwabach viel künstlerische und kreative Kraft zu finden ist; auch ein Lebenswerk lang!
Preisträger bisher waren Karl-Horst Wendisch (bei der Preisgala des Kulturmeters konnte er, schwerkrank schon, noch dabei sein, einer seiner letzten Auftritte in der Öffentlichkeit); Werner Trautmann, Georg Hetzelein, Heinrich Mangold, Ruth Bloß, Ekkehart Nickel, Kjell Nygard, Horst Georg Heidolph, Reinhold Engelhardt, Rosalinde Weber-Hohengrund.

Eugen Schöler soll heute Abend gewürdigt werden. Die Vielfalt seines Schaffens wird uns ein Lobredner zeigen, der Schöler gut kennt und der selbst bzw. seine Vorfahren - Sie verzeihen die Formulierung - Gegenstand von Schölers Forschungen war und ist.

Der Markgraf von Brandenburg-Ansbach Carl Wilhelm Friedrich, genannt der „Wilde Markgraf“, dessen Spuren sich auch in Schwabach finden - wie auf dem Medaillon am Schönen Brunnen - war sein Vorfahr, Eugen Schöler hat sich mit den Hohenzollern beschäftigt wie mit den Freiherren von Falkenhausen.
Herzlich willkommen: Tassilo Freiherr von Falkenhausen.
....
Zwischen den beiden Schlussstücken von A tale of golden keys wird der Kreisvorstand der Schwabacher Grünen die Gelegenheit ergreifen für eine ganz besondere Ehrung.

Nach der zweiten Musik sind Sie alle eingeladen, den Abend bei kleinem Büfett und Getränken ausklingen zu lassen. Die lockere Kommunikation gehört zur Preisverleihung wie die offizielle Veranstaltung selbst. Damit nachher keine formellen Dinge mehr erwartet werden müssen, ist hiermit bereits prophylaktsich das Büfett eröffnet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

zurück