Schwabacher Frauenpreis „Ausgezeichnet!“ verliehen

In einem kleinen, feinen und sehr persönlichen Rahmen fand die Premiere statt: Die Stadträtinnen Karin Holluba-Rau  und Almut Churavy und die Grünen-Vorstandsfrauen Heidi Kilian-Gerber und Edith Faaß überreichten an Christine Raab und Sidika Simsek im Beisein von Bezirksrätin Birgit Raab, der Vorsitzenden der Frauenkommission Ursula Kaiser-Biburger und der Gleichstellungsbeauftragten Sabine Reek-Rade,  den  Frauenpreis „Ausgezeichnet!“ des Kreisverbands der Schwabacher Grünen.

Anlässlich des Internationalen Frauentags, der heuer zum 100. Mal begangen wurde,  lag es für Karin Holluba-Rau, Heidi Kilian-Gerber und Edith Faaß nahe, eine Frau für ihre herausragenden Leistungen zu ehren, die nicht im Rampenlicht steht und  die wenig oder gar keine Beachtung findet. Über einen öffentlichen Aufruf im Schwabacher Tagblatt kamen die Grünen zu den Vorschlägen und prompt wurde es schwierig, sich zu entscheiden. Doch im Einvernehmen mit den männlichen Kollegen des Kreisverbandes, einigte man sich darauf, wegen des Jubiläumsjahres des Frauentags  ausnahmsweise beim ersten Mal gleich zwei Frauen auszuzeichnen.

Die eine ist  Christine Raab, die von ihrer Schulfreundin Anna Staub vorgeschlagen wurde, weil sie seit 1972 verschiedene Familienmitglieder zu Hause pflegend betreut. Zunächst hatte Christine Raab zwei Jahre lang ihre krebskranke Mutter versorgt, danach kümmerte sie sich 18 Jahre um ihren Vater. Eine große Herausforderung hatte sie zu bestehen, als ihr Bruder nach seinem Fahrrad-Unfall ins Wachkoma fiel. Für Christine Raab und ihren Mann war klar, dass der Bruder nicht im Altenheim, sondern bei ihnen untergebracht und gepflegt werden sollte. So ließen sich beide erst entsprechend ausbilden im fachmännisch richtigen Umgang mit Wachkoma-Patienten. Schließlich bauten sie noch ihr Haus um, damit der Bruder versorgungstechnisch optimal eingerichtet war. Dies, so gestand sie, war auch mental eine schwierige Zeit. Bis zuletzt hatte sie immer gehofft, dass ihr Bruder aufwachen würde. Über zehn Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 2005 erlebte sie diese Tage zwischen Hoffen und Bangen. Seit 2006  kümmert sie sich nun um ihre 89-jährige Tante, die bettlägerig ist und die sich schon lange nicht mehr allein versorgen kann. Die Kraft über all die Jahre im Dienste der Familie zu handeln, gewinne Christine Raab in erster Linie aus einem tiefen Glauben heraus und durch ihren regelmäßigen sportlichen Ausgleich.  Mittlerweile steht sie mit ihrer Erfahrung auch Angehörigen von Wachkoma-Patienten mit Rat zur Seite. Darüber hinaus absolvierte sie noch weitere Fortbildungen in verschiedenen Körpertherapieformen.

Für die Schwabacher Grünen ist diese Biographie sehr „preis-würdig“. Nicht nur, dass Christine Raab zusammen mit ihrem Mann die physisch und psychisch enormen Belastungen seit vielen Jahren in Kauf nimmt, es sind auch finanzielle Investitionen und Nachteile. „Obwohl uns dadurch wieder einmal besonders krass aufgezeigt wird, wo die Schwächen in unserem  Gesellschafts- und Versorgungssystem liegen, ist uns dieses herausragende Engagement einen Preis wert“, betont Heidi Kilian-Gerber, „oder vielleicht gerade deshalb!“

Eine ganz andere Entwicklung kennzeichnet das Leben von Sidika Simsek, der zweiten Preisträgerin. Sie wurde von Andrea Hopperdietzel, der Leiterin des Frauenhauses,  vorgeschlagen für ihr großes Engagement und ihre durchwegs positive Grundhaltung, das Leben zu meistern. Die junge Frau wuchs in der Türkei auf. Sie folgte dem Ratschluss ihrer Mutter und heiratete, obwohl Sidika Simsek von Anfang an ein ungutes Gefühl bei dieser Verbindung hatte. Leider bewahrheitete sich diese Skepsis. Die junge Frau  kam nach Deutschland, musste sich trennen und mit ihrer Tochter ins Schwabacher Frauenhaus fliehen.

Von der ersten Stunde an begann die junge Frau Deutsch zu lernen und Kurse zu besuchen. Viel Fleiß, Hilfsbereitschaft, ein riesiger Wissensdurst, ein hohes Verantwortungsbewusstsein ihrer Tochter gegenüber und trotzdem ein immer liebenswürdiges fröhliches Gemüt, in dem so viel Zuversicht steckt, kennzeichnen die Persönlichkeit dieser jungen Mutter. Durch ihr starkes Engagement in drei Jahren lebt die junge Mutter mit ihrer Tochter mittlerweile selbstständig in Schwabach und beherrscht die deutsche Sprache vorbildlich. Sie hat eine Arbeitsstelle, arbeitet nebenbei noch als Tagesmutter und unterstützt ehrenamtlich andere Migrantinnen, die die  Sprache noch nicht so gut können. Anderen Frauen mit einem ähnlichen Schicksal zu helfen, wo sie nur kann, ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Sie hat es sogar geschafft,  den Führerschein zu machen und sich ein kleines, gebrauchtes Auto zu kaufen. Und bei all dem hat sie ihr Lächeln nicht verlernt…

„Es verdient wirklich unseren großen Respekt, solche Schicksale so bewundernswert zu meistern. Jede der beiden Persönlichkeiten sind tolle Vorbilder“, stellten Ursula Kaiser-Biburger und Sabine Reek-Rade fest, das ist wirklich „Ausgezeichnet!“ An  beiden Frauen werde sichtbar, dass Belastungen nicht nur Stärke verleihen, sondern dass die Frauen darüber hinaus bereichernde zwischenmenschliche  Erfahrungen erleben durften,  die ihnen sonst wahrscheinlich vorenthalten geblieben wären, resümierte Ursula Kaiser-Biburger. In gewisser Weise schloss sich die Preisträgerin Christine Raab hier bescheiden an: „Ich nehme diesen Preis für alle pflegenden Frauen als Dank und Anerkennung für ihr Engagement in der Pflege.“  Es wirkte auch nicht überraschend, dass sie ihr Preisgeld von 250 Euro je zur Hälfte für die katholische Kirche von St. Sebald als auch für die Sanierung der evangelischen Stadtkirche St. Johannes und St. Martin spenden will.

Mit diesem Frauenpreis wollen die Schwabacher Grünen darauf aufmerksam machen, dass es auch im 21. Jahrhundert immer noch notwendig ist, auf soziale Ungleichheiten und Unterschiede zwischen den Geschlechtern hinzuweisen und diese aufzudecken. Auch noch nach 100 Jahren ist für die Gleichstellung der Geschlechter noch einiges zu tun.

Am Ende dieser Feierstunde versprachen die Grünen-Frauen, dass es auch im nächsten Jahr wieder eine Verleihung des Frauenpreises geben werde, allerdings nur mit einer Preisträgerin.

Text: Ursula Kaiser-Biburger

Frauenpreis
Die Preisträgerinnen Sidika Simsek und Christine Raab. (Foto: Birgit Raab)



zurück