Agrarökologische Revolution

Zusätzliche Information: http://www.weltagrarbericht.de/

SCHWABACH (stt) – Die bei Feinschmeckern so beliebten Barsche aus dem afrikanischen Viktoriasee haben ihren Ursprung in Europa. Längst haben sie dort die angestammten Fische als Ernährungsgrundlage für die Bevölkerung in Tansania, Uganda und Kenia verdrängt.

Billige Hähnchen aus Produktionsstätten, wie in Kammerstein eine geplant war, kommen in Ghana auf den Markt und machen dort die heimische Lebensmittelproduktion kaputt.

Im Nahen Osten graben die Israelis den Palästinensern das Wasser ab, um für die ganze Welt Melonen anzubauen.

Alles Beispiele einer globalisierten und industrialisierten Landwirtschaft, die mit enormem Technik- und Energieeinsatz auf allen Kontinenten für jeden Winkel der Erde produziert. Dennoch hungern weltweit über eine Milliarde Menschen, mehr als je zuvor.

«So kann es nicht weitergehen«, stellt die Weltbank in ihrem Weltagrarbericht aus dem Jahre 2008 fest und fordert: «Wir müssen radikal umsteuern.« Diese Formulierungen haben der Weltbank mehr als 500 Wissenschaftler aus aller Welt ins Stammbuch geschrieben.

Beim «Grünen Dialog«, einer monatlichen Veranstaltungsreihe der Schwabacher Grünen, stellte Karin Holluba-Rau, Stadträtin und ehemalige Vorsitzende des Schwabacher Bund Naturschutz, die Hauptaussagen des Weltagrarberichts vor. Quintessenz: «Die Zukunft muss einer kleinteiligen und bäuerlichen Landwirtschaft gehören. Sie soll mit überschaubarer Technik energieeffizient Nahrungsmittel produzieren, die auf kurzen Wegen zu den Verbrauchern gelangen.«

Gegenwärtig verbrauchen Produktion, Transport und Distribution unserer Nahrung von Acker und Stall in die Küchen der Welt bis zu zehn Mal mehr Energie als das jeweilige Produkt liefert.

Für Karin Holluba-Rau hat die Weltbank mit ihrem Agrarbericht «die biologische Landwirtschaft zum weltweiten Leitbild gemacht«. Das heißt: Geringerer Einsatz von Fremdenergie sowie weniger Dünger und Spritzgifte. Ferner ein zurückhaltender Maschineneinsatz, der dem jeweiligen Landstrich angepasst und kulturell definiert sein soll. Ergebnisse, die einer Sensation gleichkommen. Denn ursprünglich sollte der 2002 begonnene Bericht dazu dienen, die Notwendigkeit von mehr Gen- und Biotechnik in einer industrialisierten Landwirtschaft unter Beweis zu stellen.

Holluba-Raus Worten zufolge fordert der Weltagrarbericht nun aber eine «agrarökologische Revolution in die andere Richtung«. Allein sie könne die Abhängigkeit der Landwirtschaft von fossiler Energie und Agrarchemie drastisch reduzieren.

Ebenso müsse die multifunktionale Bedeutung der Landwirtschaft wieder in den Vordergrund rücken, so der Weltagrarbericht. «Schließlich prägen die Bauern das Bild der Kulturlandschaften der Welt und vor Ort, sie erhalten die Ökosysteme, betreiben Landschaftspflege und schaffen mit Identität so was wie Heimat«, zählte sie auf.

Karin Holluba-Rau muss die Lektüre des Berichts wie ein seelisches Fußbad empfunden haben. Bund Naturschutz und Grüne hätten bereits vor 20 Jahren erklärt: «Naturschutz muss durch den Magen gehen«, so Holluba-Rau. Ihrer Meinung nach hat der Bericht allerdings noch kaum Beachtung in der politischen Diskussion gefunden. «Vor allem müssten sich nun der Bauernverband, Eine-Weltinitiativen und Naturschutzorganisationen gemeinsam darum kümmern, dass die neuen Sichtweisen der Weltbank umgesetzt werden«, so das Grüne Stadtratsmitglied. Denn diese Gruppierungen und Weltbank haben ihrer Meinung nach ein gemeinsames Ziel: «Die bäuerliche Landwirtschaft, wie sie in Bayern noch weitestgehend existiert, muss erhalten bleiben, damit die Zukunft hier vor Ort und für alle WeltbürgerInnen funktioniert.«

Robert Schmitt
© SCHWABACHER TAGBLATT

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