"Der größte Finanzskandal in der Geschichte der Bundesrepublik"


SCHWABACH – Ein Gutachter bescheinigt die Rechtmäßigkeit ihres Handelns. Daraufhin scheren sie sich einen Dreck um das Gesetz, spazieren ins Finanzamt und tragen milliardenweise Geld nach Hause. Auf diese Weise könnte man die so genannten "Cum-Ex-Geschäfte" deutscher Banken und Fonds über mehr als 20 Jahre beschreiben, die den Steuerzahler gut elf Milliarden Euro gekostet haben.

"Das ist der größte Finanzskandal in der Geschichte der Bundesrepublik", sagt Gerhard Schick, Bundestagsabgeordneter der Grünen und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion. "Es war die pure Gier." Der promovierte Volkswirt hat in Schwabach über seine Arbeit im Untersuchungsausschuss berichtet, der den Skandal aufklären sollte. Staatsversagen, Kumpanei, politische Fehlleistungen, organisiertes Wegsehen und intensiver Einfluss von Lobbygruppen, das sind Schicks Darstellung zufolge die Ursachen dafür gewesen, dass die kriminellen Machenschaften so lange gut gehen konnten. "Es war ein völliger Kontrollverlust des Staates." Schicks Vortrag hört sich streckenweise an wie die Kriminalgeschichte aus einer Bananenrepublik. "Wir müssen den Staat anders aufstellen", sagt Schick, "damit wieder nach den Regeln gearbeitet wird."

Rechnet man den Schaden der halblegalen "Cum-Cum-Geschäften" hinzu haben sich Banken- und Fondsmanager über zwei Jahrzehnte hinweg rechtswidrig 31 Milliarden Euro aus der Staatskasse angeeignet. Die große Koalition aber, lässt Schick durchblicken, hatte an der Aufklärung keine echtes Interesse. "CDU/CSU mussten Schäuble schützen, die SPD ihren ehemaligen Kanzlerkandidaten Steinbrück." Beide hätten viel früher die Staatsanwaltschaft und die Bankenaufsicht einschalten müssen. Die Aufklärung ins Rollen gebracht haben ausschließlich Informanten und Whistleblower. "Nun aber hoffe ich, dass Ende des Jahres das erste Mal die Handschellen klicken", sagt Schick. Bis zum Untersuchungsausschuss wollte niemand Konsequenzen ziehen, ist er überzeugt. Für ihn ist eines klar: "Am 24. September kann man die Bekämpfung von Steuerkriminalität wählen oder nicht wählen: Wir Grüne jedenfalls wollen sie konsequent bekämpfen."

Schick ist sich auch sicher, dass Finanzwirtschaft und Banken nach wie vor ein "insgesamt äußerst instabiles System" sind. Nach dem Crash von 2008 ist seiner Meinung nach nämlich gar nichts in Ordnung gebracht worden. "Immer noch gibt es hochproblematische Geschäfte, schlechte Beratung und instabile Institute", zählt Schick auf. "Wir steuern auf das nächste Wackeln des Systems zu", glaubt er fest, "wir wissen nur noch nicht wo."

© Robert Schmitt | SCHWABACHER TAGBLATT


Bernhard Spachmüller, Kreischef der Schwabacher Grünen, (re.) überreicht den Schwabacher Goldsekt. (© Foto: Robert Schmitt)




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